Schnupperkurs mit Zaubertrank Zu Gast in einer Käseschule im Allgäu
Oberstaufen (dpa/tmn) - Obelix hätte nicht hinein gepasst. Asterix vielleicht schon. Aber es ist ja ohnehin kein Zaubertrank, der in den medizinballgroßen Kupferkesseln gebraut wird.
Doch wenn es nach Georg Gründl geht, schon. Denn in den elf Kesseln, die an Gusseisenhaken über dem langen, rustikalen Holztisch baumeln, ist Milch. Allgäuer Milch. „Rohmilch, frisch von der Kuh raus“, so Gründl. Die ist gesund und macht gesund, meint jedenfalls der gebürtige Niederbayer. „Die Milch entscheidet, wo die Käsereise hingeht“, sagt Gründl. Gute Milch gleich guter Käse. Macht Sinn. Darum geht es in der Käseschule Allgäu in Thalkirchdorf bei Oberstaufen: Käse verstehen - und damit auch das Thema Milch.
Schürze umbinden, Hände desinfizieren. „Bitte das Abdecknetz entfernen.“ Unter dem feinmaschigen Netz, das Fliegen abhält, blitzt weißlich der Allgäuer Zaubertrank auf.
„Jetzt erhitzen“, dirigiert der Käsemeister und reicht zwei Stabfeuerzeuge herum. Jeweils zwei Brennpasten in silbernen Behältern werden entzündet, die Kessel darüber geschwenkt. Aus etwa 12 Grad sollen 37 werden. Das dauert. „Wenn Sie 37 Grad erreicht haben, machen Sie einfach Ihre Klappen zu“, sagt Gründl mit einem Augenzwinkern. Heißt: Pastenbrenner schließen.
Unter gespannten Blicken verteilt der Käsemeister eine Flüssigkeit. Der nächste Zaubertrank? Könnte man so sehen. Labkonzentrat, aus der Magenschleimhaut von Kälbern, mit Wasser verdünnt, lässt die Milch gerinnen. „Zügig einrühren“, gibt der Meister vor. Zur Antwort klimpern laut die speziellen Rührthermometer. „Jetzt nicht mehr rühren.“ Stille. Das Abdecknetz kommt zurück auf die Öffnung. Dann: wieder warten.
Neugierig blinzelt ab und an ein Käseschüler unters Abdecknetz. Nichts. Doch unter der Oberfläche arbeitet der Käse: Schnittprobe, stichfest, puddingartig. Der Meister nickt zufrieden.
Käseverkostung zum Zeitvertreib. „Mh, lecker, das schmeckt.“ Ein halbjähriger und ein einjähriger Bergkäse, eingelegter Fetarella in Kräutern und Öl. Übrigens: „Käse sollte man drei Stunden vor dem Essen aus dem Kühlschrank holen, damit sich das Aroma entfalten kann.“ Eigentlich, meint Gründl, sei Käse „ja nicht zum Aufheben, sondern zum Essen da“. Stimmt, finden die Lernenden und putzen den Verkostungskäse weg.
Nach der Pause heißt es: Netze runter. Die schweren Kessel werden auf Unterlegsteine gehoben, schnell noch mal Hände desinfizieren. Käseharfen schneiden klappernd erdnussgroße Stücke. „Bruch machen“, nennt sich das. Käsegeruch steigt auf, als sich Molke und Trockenmasse trennen.
Gründl kontrolliert alle Kessel aufs Erdnussschneidtalent seiner Zöglinge, dann „Harfen raus, abklopfen, beidseitig, wegen der Ausbeute, nochmal zwei Gramm“. Dem Käse wird noch einmal richtig eingeheizt. „Zügig mit dem Rührthermometer umrühren“, diktiert der 53-Jährige.
Schließlich landet der Käse in speziellen Formen mit Löchern, durch die die Molke abfließen kann. Pressplatte und Gewicht drauf, etwas kühlen, fertig. Die Käsertaufe ist der krönende Abschluss. „Jeder trinkt nun einen Liter Molke auf Ex“, kündigt Gründl an. Glücklicherweise gibt es dann stattdessen doch nur ein Hausschnäpschen. Nur ein paar Stunden dauert es, dann ist der eigene Weichkäse gefertigt. Erstaunlich. „Gute Lebensmittel sind Genuss“, sagt Gründl. „Den sollte man sich wert sein. Das Leben ist viel zu kurz, um es nicht zu genießen.“