Rückkehr der Sommerfrische - Der Schweizurlaub wandelt sich
Berlin (dpa/tmn) - Die Schweiz ist ein Urlaubsland mit langer Tradition. Aber auch zwischen Zürichsee und Lago Maggiore bleibt nicht alles, wie es ist. Klimawandel, Globalisierung und die Alterung der Gesellschaft haben Auswirkungen auf den Tourismus.
Heidi-Idylle und Alpenglühen gibt es in der Schweiz noch immer. Aber die Bergwelt zwischen Jungfraujoch und Matterhorn ist nicht sicher vor Veränderungen. Ganz im Gegenteil, es tue sich einiges, sagte Jürg Schmid, Direktor von Schweiz Tourismus in Zürich, anlässlich der Reisemesse ITB (6. bis 10. März) in Berlin. Klimawandel, Globalisierung und Alterung der Gesellschaft sind gleich drei große Themen, die den Tourismus zwischen Zürichsee und Lago Maggiore beeinflussen.
Der demografische Wandel macht Schmid keine Sorgen: Der höhere Anteil Älterer an der Gesellschaft vergrößert nach seiner Überzeugung die Zielgruppe für Schweizbesucher: „Ältere schätzen den Alpenraum unter anderem wegen des guten Klimas, der Sicherheit und aus Gesundheitsgründen“, sagte Schmid. Well-Aging, das lustvolle, gesunde Älterwerden, sei schon jetzt ein wichtiges Thema beim Urlaub in der Schweiz - und in Zukunft umso mehr.
Aus diesem Grund würden Angebote für Wellness- und Fitnessurlaub auch zunehmend wichtiger. Und Freizeitaktivitäten, die Rücksicht aufs Alter nehmen: „Viele wollen zum Beispiel gerne immer noch wandern, aber nicht mehr sechs Stunden steil bergauf.“ Entsprechend seien künftig mehr geführte Wanderungen gefragt, die genau dem Rechnung tragen.
Ein wichtiger Trend für den Alpentourismus der Zukunft stammt aus der Vergangenheit: die Sommerfrische. „Die Engländer, die vor 150 Jahren in die Schweiz gekommen sind, kamen im Sommer wegen des Klimas“, sagte Schmid. Der Wintertourismus habe sich erst danach entwickelt. Derzeit verteile sich die Auslastung in den Hotels etwa zu gleichen Teilen zwischen Winter und Sommer. „Aber das Pendel schlägt zurück.“
Durch den Klimawandel werde die Wintersaison künftig kürzer - und in den Niederungen gebe es seltener Schnee, die Sommersaison dagegen gewinne an Bedeutung. Gerade wenn der Sommer in Europa wärmer und trockener werde, mache das den Urlaub in der Schweiz mit seinem gemäßigten Klima umso attraktiver.
Schon jetzt spürbar sind die Folgen der Globalisierung im Tourismus: Die Schweiz werde insbesondere bei asiatischen Gäste immer beliebter, sagte Schmid. Dass Japaner in Graubünden wandern oder Inder sich die Gipfel der Hochalpen ansehen, vor deren Kulisse viele ihrer Bollywoodfilme gedreht wurden, ist nichts Neues. „Neben Frankreich sind wir der Vorreiter in Europa für den Tourismus aus Asien“, sagte der Tourismusdirektor der Schweiz.
Aber nun kommen zunehmend auch Besucher aus dem bevölkerungsreichsten Land der Welt, das Reisen ins Ausland immer mehr für sich entdeckt: „Wir hatten rund 800 000 Übernachtungen von Besuchern aus China und wollen diese Zahl in zehn Jahren auf zwei Millionen steigern“, kündigte Schmid an.
Die Touristen aus China sind durchaus gut betucht und spendierfreudig: „Am meisten geben Gäste aus dem arabischen Raum bei uns aus, aber danach folgen gleich die Chinesen auf Platz zwei.“ Im Schnitt ließen sie sich ihren Schweizurlaub doppelt so viel kosten wie europäische Gäste. Dabei legten sie nicht unbedingt wert auf Luxushotellerie, investierten dann aber beim Shoppen in Basel, Bern oder Zürich umso mehr.
Hinzu komme, dass Gäste aus Asien längst nicht mehr so reisen, wie das Klischee es will: „Acht Länder in zehn Tagen stehen nicht mehr auf Programm“, sagte Schmid. „Und immer mehr asiatische Besucher kommen auch im Winter.“ Aktuell sei insgesamt rund jeder zwölfte Besucher aus Asien, in acht bis zehn Jahre sei es voraussichtlich jeder neunte. Neben China und Indien seien insbesondere Korea und Indonesien - das diesjährige Partnerland der ITB - Länder, aus denen immer mehr Schweizbesucher zu erwarten seien.
Immer wichtiger, nicht zuletzt in der Hotellerie, werde deswegen interkulturelle Kompetenz: „Wie gehe ich zum Beispiel mit Gästen aus Indien um?“ Das Know-how sei oft noch nicht genügend da, sagte Schmid. Gäste aus Asien hätten eben manchmal andere Ansprüche als Europäer. „Uns kommt das manchmal fremd vor, aber für den indischen Gast sind wir vielleicht seltsam.“