Samsung Galaxy S4 im Test: Innen hui, außen pfui

Es ist flacher, schneller, hat einen größeren Bildschirm und ist vollgestopft mit der neuesten Technik. Wir haben Samsungs neue "S-Klasse" getestet, über die neuen Funktionen gestaunt — und uns am Ende ziemlich geärgert.

Stellen Sie sich vor, sie haben gerade ein ziemlich gutes Smartphone auf den Markt gebracht, das so ziemlich alles kann, was technisch möglich ist. Womit überraschen Sie die Welt als nächstes? Richtig: Nach weniger als einem Jahr bringen Sie ein Telefon auf den Markt, dass flacher ist, schneller, ein größeres Display hat und noch mehr Funktionen beherrscht. Willkommen in der Gedankenwelt von Samsung.

Hält man Samsungs Galaxy S4 in der Hand, fällt der Unterschied zum Vorgänger S3 auf den ersten Blick gering aus. Das Galaxy S4 ist minimal flacher, hat rundere Kanten, das Display ist mit fünf Zoll (12,7 Zentimeter) noch ein Stückchen größer. Statt des grauen Rahmens hat Samsung einen Plastikrahmen in Aluminium-Optik verbaut. Neben der Kamera und den beiden Sensoren für die Umgebungshelligkeit und die Augenerkennung gibt es noch einen weiteren Sensor für die neu eingebaute Gestensteuerung. Vorherrschendes Material beim S4 ist Polycarbonat, sprich: Plastik. Doch mehr dazu später.

Die Hardware

Im Galaxy S4 hat Samsung so ziemlich alles verbaut, was gerade neu und schnell ist. Der Vierkernprozessor hat 1,9 Gigahertz, dazu gibt es zwei Gigabyte (GB) Hauptspeicher und bis zu 64 GB Speicher für Apps, Videos und Fotos. Für alle, denen das nicht reicht, gibt es die Möglichkeit, bis zu 64 GB per SD-Karte hinzuzufügen. Den Strom liefert ein austauschbarer 2600 Milliamperestunden (mAh) Akku, der das S4 locker zwei Tage in Betrieb hält.

Der kräftige Akku hat auch genug Energie für das riesige Display. Im Vergleich zum hochgelobten Vorgänger sehen die Farben noch eine Spur brillianter aus — beinahe schon unnatürlich gut. Mit 1080 x 1920 Pixeln hat es volle HD-Auflösung, eine schnelle Reaktionszeit und lässt sich auch von der Seite oder von unten gut ablesen.

Fast schon beängstigend real sehen die Bilder der eingebauten 13-Megapixel-Kamera aus. Selten war Fotografieren mit einem Smartphone so einfach, momentan kann sich höchstens die Kamera von Sonys Xperia Z mit dem S4 messen. Der Fotosensor ist dermaßen lichtempfindlich, dass auch bei schlechter Beleuchtung gute Fotos gelingen. Die eingebauten Funktionen wie Serienbilder, Panorama, Nachtmodus oder Porträt-Aufnahme machen das S4 beinahe zu einem Digitalkamera-Ersatz. Videos nimmt das S4 in voller HD-Qualität auf. Auch hier liefert der Bildsensor gute Ergebnisse. Aber Achtung: Beim Filmen sollte man das Telefon so halten, dass der Menüknopf nach links zeigt. Tut man das nicht, werden die Tonspuren des Stereo-Mikrofons vertauscht und Geräusche auf der linken Bildseite kommen auf einmal von rechts, hat Stiftung Warentest herausgefunden.

Für die Verbindung zur Außenwelt ist von Bluetooth der vierten Generation, NFC, WLAN über GPRS, EDGE, HSPA+ bis hin zu LTE alles an Bord. Kurz: Das Galaxy funkt auf vielen Freuquenzen — bis zu 100 Megabit pro Sekunde sind mit LTE möglich, wer keinen Highspeedvertrag hat, muss sich mit "nur" 42 Megabit über HSPA+ zufrieden geben. Ganz im Gegensatz zum Vorgänger ist das Galaxy S4 ein tadelloses Telefon. Der Empfang ist gut, die Sprachqualität glasklar. Auch das Antennenproblem des Vorgängers wurde gelöst. Jetzt muss man beim Telefonieren nicht mehr aufpassen, dass man die Antenne nicht verdeckt.

Neu im Galaxy S4 sind zahlreiche Möglichkeiten, der kontaktlosen Bedienung. Anrufe können per Wisch angenommen werden, der schwebende Finger über einem Menüpunkt oder einer Nachricht öffnet eine Vorschau. Praktisch ist die schon vom Galaxy S3 bekannte Funktion, dass der Bildschirm so lange hell bleibt, wie Augen auf ihn gerichtet sind. Auch durch Internetseiten und Ebooks kann nun per Augenbewegung gescrollt werden. Das gelingt in der Praxis allerdings mehr schlecht als recht, da nach oben scrollen nicht funktioniert und die Feinsteuerung per Augenbewegung ziemlich hakelig ist — ständig scrollt die Seite zu weit.

Ebenfalls neu sind Möglichkeiten, mit anderen Geräten von Samsung zu kommunizieren. Den richtigen Fernseher vorausgesetzt, wird das S4 zur Fernbedienung, mit anderen Smartphones können per Berührung drahtlos Daten ausgetauscht werden.

Die Software

Auf den Galaxy S4 ist Googles Betriebssystem Android in der Version 4.2.2 und der eigenen Benutzeroberfläche TouchWiz installiert. Samsung vermarktet das Galaxy S4 als "Life Companion", frei übersetzt also ein Lebensgefährte. Damit das funktioniert, haben die Koreaner dem S4 eine Auswahl an mehr oder weniger nützlichen Apps mitgegeben. Per Story-Album können persönliche Bildergeschichten erzählt werden, der Laufpartner S Health hilft, sportliche Ziele zu erreichen, Flipboard bringt Nachrichten auf das Display und S Travel soll brauchbare Tipps zu Reisezielen geben, S Voice das Telefon per Stimme steuerbar machen.

In der Praxis bekommt man per Widget auf dem Bildschirm eine Vielzahl von Informationen angezeigt. Bis auf S-Travel und Flipboard sind die Assistenten-Apps allerdings nicht wirklich nötig. Die Sprachsteuerung per S Voice kann auch in der vierten Version des Galaxy noch nicht mit Apples Siri mithalten. Namen werden falsch verstanden, Befehle nicht immer umgesetzt. Da muss noch nachgebessert werden.

Weitere Apps, Musik, Filme und Bücher gibt es über den eigenen Samsung-Appstore — so versuchen die Koreaner, ein Stück vom Umsatz des Play-Stores abzuknabbern.

Neben diesem eigenen Appstore ist auch das komplette Google-Paket installiert, mit Zugang zum Playstore, dem sozialen Netzwerk Google+, Google Maps und vielen weiteren Diensten des Internet-Riesen. Weitere 600 000 mehr oder weniger nützliche Programme stehen in Googles Play Store bereit.

Alltagseindrücke

Mit dem Galaxy S4 hat Samsung den nächsten Meilenstein geliefert. Es entwickelt den Vorgänger sinnvoll weiter und hat die meisten seiner Schwächen hinter sich gelassen. Das S4 lässt sich einfach bedienen, ist schnell, ausdauernd, hat ein sehr gutes Display und eine hervorragende Kamera. Soweit die guten Seiten.

Einen gemischten Eindruck hinterlässt die neue Gesten- und Augensteuerung. Die Vorschauanzeige und die Anrufannahme per Handwisch sind praktisch, die Steuerung per Augenbewegung nicht mehr als eine nette Spielerei ohne Alltagsnutzen, die man getrost abschalten kann. Punktabzug gibt es für den ungenauen GPS-Chip. Im Alltagstest dauerte es oft ungewöhnlich lang, den Standort festzustellen. Häufig wich er fast 100 Meter vom tatsächlichen Ort des Telefons ab.

Wirklich ärgerlich ist die Qualität des Telefongehäuses. Der Plastikrahmen ist kratzanfällig, die hauchdünne Außenwand der Rückseite ist nach kurzer Zeit voller Fingerabrücke und Kratzer und fühlt sich unangenehm an. Wer das Galaxy S4 in der Hand hält, bekommt schnell schwitzige Hände. Bei einem Telefon für mehr als 600 Euro sollte man bessere Qualität erwarten können, bei der Konkurrenz von Sony und HTC bekommt man sie auch.

Wegen der enormen Größe des Displays ist am unteren Rand kaum noch Platz für die berührungsempfindlichen Schaltflächen für Menu und "Zurück"-Funktion. Sie sitzen dermaßen tief, dass sie bei der Bedienung mit einer Hand ziemlich schwer zu erreichen sind. Während des Tests kam es mehrfach vor, dass das Telefon beim Versuch, das Menü aufzurufen, beinahe aus der Hand gerutscht wäre.

Fazit

Das Galaxy S4 ist ein überzeugendes Smartphone, das mit seinem modernen Innenleben, seiner Ausdauer und vielen durchdachten Funktionen erneut Maßstäbe setzt. In Sachen Funktionalität und Bedienkomfort ist es den Oberklassemodellen der Android-Konkurrenz wieder ein Stückchen voraus.

Im Vergleich zum Vorgänger, der sich nach wie vor gut verkauft, ist auf den ersten Blick nicht viel Innovation an Bord. Die Verbesserungen liegen meist unter der Haube, etwa die Beseitigung der Empfangsstörungen. Allein schon das sollte im direkten Vergleich die Kaufentscheidung erleichtern.

Größter Negativpunkt neben dem ungenauen GPS ist die Außenhülle. Leider hat Samsung sein neues Flaggschiff erneut in Polycarbonat verpackt, das einen billigen Eindruck macht und sich unangenehm anfühlt. Da bekommt man bei der Konkurrenz momentan mehr — zum Teil sogar wasserdicht.