Amerika, das Krimi-Land der Massenmörder

Im ersten Teil unserer Reise durch die Krimi-Länder landen wir im Amerika der irren Massenmörder und einsamen Ermittler.

Düsseldorf. Kathy Reichs, Patricia Cornwell und Tess Gerritsen lassen in Deutschland seit Jahren die Kassen der Buchhändler klingeln. Sobald ein neuer Krimi der Amerikanerinnen den Buchhandel erreicht, sind sie auf den Bestsellerlisten vertreten. Eine von ihnen hält dort fast immer die Stellung — und sie sind nur drei Autorinnen einer langen Krimitradition. Doch was macht amerikanische Krimis aus?

US-Autoren schildern brutale Fälle, greifen gern zum Serienmörder und schicken ihre Helden in wilde Schießereien. Während die Ermittler aus England mit Kombinationsgabe an Fälle gehen, lassen die Amerikaner ihre Helden mit dem Brecheisen ans Werk gehen. „Alles Quatsch. So kann man das nicht über einen Kamm scheren“, sagt Nele Hoffmann von der Uni Göttingen. Sie sitzt in der Jury des Deutschen Krimipreises und interessiert sich besonders für US Kriminalliteratur.

„Die Amerikaner können auf eine bedeutende Krimi-Geschichte blicken. Viele Autoren haben maßgeblich zur Entwicklung des Krimis beigetragen.“ Und tatsächlich: Egal, in welche ewige Bestenliste man einen Blick wirft, die Amerikaner stehen weit oben. Mit Dashiell Hammett, James M. Cain und Raymond Chandler scheinen auch heute noch Urgesteine der US-Krimigeschichte die Leser weltweit zu fesseln.

Hammett (Rote Ernte, 1929) und Chandler (Der große Schlaf, 1939) haben die „Hard-Boiled“-Schule (dt: ausgekocht) begründet. Meist ehemalige Polizisten gehen als Detektive auf Verbrecherjagd, scheren sich wenig um Konventionen und Waffengebrauch ist an der Tagesordnung. „Überzeichnet gesagt, sind sie ein bisschen die Gegenbewegung zu den englischen Geschichten á la Christie, wo der Detektiv im kleinen Kosmos das Rätsel löst“, so Hoffmann. Diese Helden waren hinter den Gangstern der großen Stadt her. Klasse Krimis aus den USA Dem ermittelnden einsamen Helden folgten Polizistengruppen, wie in den Cop-Krimis rund um die Ermittler Digger und Ed von Chester Himes (1959). „Himes schreibt aus afro-amerikanischer Perspektive, und das ergibt eine ganz neue Perspektive für das Genre“, sagt Hoffmann.

Einen Boom lösten in den 80er Jahren die Serienkiller-Romane aus. „Sie waren einerseits sehr faktennah geschrieben, wiesen andererseits aber viele Elemente des Horror-Genres auf“, erklärt Hoffmann. Einen der bekanntesten Serienmörder hat Thomas Harris mit Hannibal Lecter geschaffen. In „Das Schweigen der Lämmer“ (1988) werden mit dem kultivierten Lecter und Buffalo Bill, dem ‚perversen’ Mörder, gleich zwei Serienkiller gejagt. Die Verfilmung 1991 hat zum Hype beigetragen. „Die Verbindung von Literatur und Verfilmungen ist typisch für das Genre, und in der US-Film-Industrie ist das deutlich zu erkennen.“ “ Im nächsten Teil am kommenden Dienstag geht es um Italien