Beifall für Inge Meysel und die Venus vom Lkw

Der Uerige wird von Piraten belagert, beim Bösen-Buben-Ball geht es international zu und die Große KG ist „Jeck on Deck“.

Düsseldorf. „Wir müssen ja auf keinen Präsidenten warten, also können wir auch früher anfangen!“ Gesagt, getan, und los ging’s mit Karneval verrückt: Hermann Schmitz ließ die Schrottgala abrollen und bewies einmal mehr, dass seine Show zum Besten gehört, was es unter dem Siegel des schrägen Jeckentums überhaupt gibt.

Das Brauhaus im Uerige war in Nullkommanix ausverkauft gewesen, und diesmal übertrafen sich Schmitz & Co selbst. Bevor überhaupt alle Gäste eingetrudelt waren, kam das Prinzenpaar zur Stippvisite. Prinz Simon sprang zwischen den Tischen umher, 100 PS beschwingter trat die KG Regenbogen auf, die gerade mit „Elf Jahre anders“ den „Närrischen Ohrwurm“ abgeräumt hatte.

Den Schrotti für den gezieltesten Sprung in diverse Fettnäpfchen erhielt die Bahn AG. Kabarettist Frank Küster nannte dafür viele gute Gründe wie die miese Klimatisierung, diverse Streiks und den Bau von Stuttgart 21.

Während der Deutsch-Pop der Gruppe Bilk nicht so richtig zum schunkelwütigen Publikum passte, erschlossen Schlagersänger Tony Marony und seine neue Verlobte Melanie auf der nach unten offenen Qualitätsskala neue Tiefpunkte. Mit einer schnellen Verabschiedung und einem dreifachen „Helau“ wusste Hermann Schmitz eine Zugabe gerade noch zu verhindern.

Ein Großmeister des schwarzen Humors dagegen provozierte Dauerlacher: Der miesepetrige Zauberer André Hieronymus führt seine Kunststückchen nach eigener Aussage auch auf Beerdigungen vor und es gibt stets großes Erstaunen, wenn plötzlich der Sarg leer ist.

Absolutes Highlight war dann Parodist Jörg Knör: Ob Bohlen, Bundeskanzlerin oder Boris Becker, Knör zog sie alle gnadenlos durch den Kakao. Am Ende ließ ihn das Publikum erst gehen, nachdem er noch als Inge Meysel aus dem Jenseits gegrüßt hatte. „In jedem Jahr haben wir ein Juwel, in diesem Jahr einen Brillianten“, jubelte Schmitz.

Einen Tag nach der Schrott-gala startete der Uerige seine erste große Party im Stickum: Los 4 Capitanos hatten gerufen und hunderte Piraten bevölkerten den Neubau an der Rheinstraße, so dass gar der altehrwürdige Rittersaal geöffnet werden musste. DJTheo Fitsos legte genial auf, so dass fast bis vier Uhr gefeiert wurde.

Wenn Ruby mit einem Schotten statt mit Berlusconi oder Richard Lugner gesichtet wird und selbst der Papst ekstatisch in ihrer Nähe tanzt — dann ist eines klar: Beim Kostümball der Prinzengarde Düsseldorf gab es reichlich zu sehen. Das Fest der Feste (FedeFe) im Steigenberger Parkhotel ist eine Kombination aus Kostümball und lockerem Bühnenprogramm und zieht das närrische Volk seit Jahren magisch an: Im vierten Jahr in Folge ist es mit 1238 Karten ausverkauft.

Klaus Goder aus Neuss (59), bekannt für seine extravaganten Kostüme mit raumgreifenden Umbauten, musste sich mäßigen: Als Kaiser von China hatte er seinen Auftritt — lediglich mit Schirm und roten Lampions. „Ich war schon mit Bett und Badewanne unterwegs, doch das ist jetzt verboten — leider.“ Die meisten Gäste freut es, denn die Zahl der ausladenden Kostüme wuchs ständig und das nahm einfach zu viel Platz weg.

Es geht auch anders: Max Goebel (31) ist im Radrennfahrer-Trikot mit Elefantenohren und Blutprobe um den Hals erschienen: „Ich hab‘s mal mit Elefantenblut probiert, merkt man aber nicht, oder?“, scherzt er. Frank (47) und Ariane (45) sind in NVA-Uniformen erschienen und wirken so echt, dass sie bei einigen Narren anecken: „Ich glaube, die Zeit ist noch nicht reif für ein wenig Ostalgie“, zweifelt Frank an der Kostüm-Idee. Genial kommt das Quartett aus Benrath daher: Die Ehepaare Wedden und Möllenbruck haben sich als legendäre Hard-Rock-Band Kiss verkleidet und rocken aufsehenerregend durch die Säle.

Zur Prämierung reichte es jedoch nicht, weil sie zu spät zur Nominierung kommen. Dafür hat Füchschen-Chef Peter König als Black Swan die Nase vorn: Er landet auf Platz vier. Marisa Battenstein (28) gewinnt die Kostümprämierung: als Rollschuh fahrende Wehrhahnlinie U 71 ganz in Silber. Das Prinzenpaar fühlte sich beim FedeFe so wohl, dass es ganze 45 Minuten blieb — einmalig lang, wie Prinz Simon beteuert.

Die „Jeck on Deck“-Party zum elfmal elften Bestehen der „Großen Karnevalsgesellschaft von 1890“ am Samstag war kaum zu verfehlen. Schließlich ist der Partyliner zurzeit das einzige Schiff, das an der Rheinuferpromenade vor Anker liegt.

Für Stimmung an Bord sorgen Bands wie Alt Schuss, De Fetzer und auch die Kölsche Bengels. Rund 600 Narren lassen dabei die Stimmung an Bord ordentlich brodeln. Dabei war es bis vor kurzem noch ungewiss, ob die Party überhaupt stattfinden kann. „Wir wollten eigentlich ein zweites Schiff längsseits anlegen, aber das Wasser- und Schifffahrtsamt in Köln hat uns dafür die Rote Karte gezeigt“, sagt Präsident Oliver Raths. Innerhalb von vier Wochen musste Ersatz her. Die Rettung in Form des Partyliners kam ebenfalls aus der Domstadt. „Wie man sieht, haben wir keinerlei Berührungsängste mit unserer südlichen Nachbarstadt“ sagt Große-Sprecher Carsten Meyer.

Und der Planungsstress hat sich gelohnt. Mit einer Lounge, drei Barbereichen und reichlich Platz zum Tanzen und Flirten übertrifft der Partyliner die Möglichkeiten des Ausflugdampfers, auf dem im letzten Jahr gefeiert wurde, um Längen. „Aber das Allerwichtigste für uns: Die Stimmung ist sensationell gut“, sagt Carsten Meyer. Ein neues Mitglied hat die KG übrigens auch: Carsten Gossmann, Torhüter der letzten DEG-Meistermannschaft. Gegner damals: die Kölner Haie.

Gerade einmal ein knappes Jahr ist die KG Jecke Pänz alt — gegründet von ein paar Narren, die vor allem eines wollen: richtigen Düsseldorfer Karneval feiern. Inzwischen ist der Verein auf 35 Mitglieder angewachsen, die Fangemeinschaft aber scheint ungleich größer zu sein. Die Party unter dem Motto „Minn Häzz - minn Stadt - minn Karneval“ am Freitag im Henkelsaal war schon seit Wochen ausverkauft, 700 Gäste in fantasievollen Kostümen tanzten und schunkelten mit der Band ohne Bart, Dubb, den Düssel-Disharmonikern, den Fetzern und weiteren einheimischen Bands.

Der Vereinsvorsitzende Martin Wilms, Inhaber des Karnevalsladens „Jeck Jedöns“ in der Bergerstraße, konnte überhaupt nicht mehr aufhören zu lächeln. Aus gutem Grund: Direkt auf der Party traten zwei weitere jecke Pänz in die junge KG ein. Und beim Besuch des Prinzenpaares zeigte sich auch Venetia Rebecca begeistert: „Gebt mir nach dem Ende der Session einen Aufnahmeantrag: Ich unterschreibe.“

Rüdiger Dohmann ist begeistert. „Wir feiern hier die mit Abstand größte Kostümparty der Stadt und es herrscht Flirtfaktor 10“, sagt der Ex-Prinz im Highlander-Kostüm. Aus Kopenhagen und sogar aus Kroatien kommen die Fans angereist, um beim Böse-Buben-Ball dabei zu sein. Früh buchen ist da erste Jecken-Pflicht: „Wir sind seit zwei Monaten ausverkauft, 3500 Gäste feiern bei acht Live-Bands auf drei Bühnen“, freut sich Rüdiger I.

Höhepunkt des Abends ist wieder der Kostümwettbewerb. Esther, die sich als täuschend echt aussehende Venus von Botticelli aus der Muschel schält, hat für ihr Kostüm keine Mühen gescheut. „Mein Freund musste sogar einen Kleinlaster organisieren, weil ich als Venus in kein Taxi passe“, sagt sie. Gereicht hat es leider nur zum zweiten Platz. Auch, weil ihr Bekannter Axel in einem Sphinx-kostüm auf der Bühne steht, das jeden Ägyptologen neidisch gemacht hätte. Für ihn ist es bereits der sechste Sieg beim Kostümwettbewerb.

Außer Konkurrenz feierten die 20 Mönche aus Himmelpforten, dem kleinen Ort zwischen Hamburg und Cuxhaven. Mönch Horst will nächstes Jahr wieder kommen: „Hier ist wenigstens Stimmung, bei uns im Norden ist es selbst beim Karneval immer so steif.“