„Wenn Familie Schmidt kommt, gibt es Großalarm!“

Brigitte Linke besuchte Pfingsten 1943 ihren Opa. Die Familie wurde schon ängstlich von Nachbarn begrüßt.

Düsseldorf. „Nachdem die Bombenangriffe immer heftiger wurden und wir jeden Abend in einen Trainingsanzug gesteckt wurden und im Keller übernachten mussten, brachte uns unser Vater 1943 zu unseren Großeltern nach Lüdenscheid. Ich war damals sechs Jahre alt.

Doch meine Mutter zog es immer wieder für ein paar Tage nach Düsseldorf. Wenn wir ankamen, empfingen uns unsere Nachbarn mit dem Standardsatz: „Wenn Familie Schmidt kommt, gibt es Großalarm!“ Und so war es auch Pfingsten 1943. Wir besuchten unseren Großvater auf der Mathildenstraße und wurden dort vom Bombenalarm überrascht. Es sollte einer der schwersten Angriffe auf Düsseldorf werden. Wir suchten Schutz im Keller der „Gilde“(-Versicherung).

Schon nach kurzer Zeit wurde das Gebäude von Bomben getroffen. Und was für mich auch heute noch unbegreiflich ist — die Menschen im Keller verhielten sich ruhig, es brach keine Panik aus. Wir saßen dort in kleinen Gruppen. Irgendwann kamen Männer vom Zivilschutz und forderten uns auf, nur nach und nach — und nur nach Anweisung — den Raum zu verlassen. Alle hielten sich daran. Nach jeder Gruppe, die den Keller verlassen durfte, wurde die Kellertür wieder verschlossen. Allein das hätte in dieser Situation schon Panik auslösen müssen.

Als wir an der Reihe waren, wurden wir nach oben geschleust. Ich sehe noch heute den großen Raum vor mir, in der Mitte ein langer, roter Teppich, der von einem Ende des Raums zum anderen reichte. Wir verhielten uns sehr diszipliniert und das, obwohl riesige Flammen aus den Fensterhöhlen nach draußen schlugen. Ich begreife es bis heute nicht. Warum sind wir nicht schreiend aus dem brennenden Gebäude gelaufen? Wie konnte ich mich — mit gerade mal sechs Jahren — so sehr beherrschen? Angst hatten wahrscheinlich alle, aber niemand hat es gezeigt oder ausgesprochen.

Als wir in Sicherheit waren, machten wir uns auf den Weg zu unserer Wohnung auf der Simrockstraße. Links von der Vautierstraße — etwas zurückliegend — sahen wir brennende Häuser. Meine Schwester Ulrike deutete auf ein Haus und sagte: „Schaut mal, auf dem Dach neben dem Schornstein steht ein Mann“. Es sah schrecklich aus. Ob es tatsächlich so war oder ob ich durch das gerade Erlebte überfordert war und mir meine Phantasie einen Streich spielte, kann ich nicht mehr sagen. Tatsache ist, ich sah dort oben auf dem Dach eine dunkle Gestalt stehen und kann dieses Bild bis heute nicht vergessen.

“ Brigitte Linke lebt heute in Dormagen. Sie ist 76 Jahre alt.