800.000-Euro-Panne ist nicht die einzige Fehlüberweisung

Als die Verwaltungsspitze die Finanzpanne einräumte, wusste sie schon von der nächsten: Versehentlich wurden 606.244 Euro Gewerbesteuer erstattet.

Krefeld. Im städtischen Fachbereich, der versehentlich 800.000 Euro Gewerbesteuer an ein wenige Tage später insolventes Unternehmen erstattete, hat es eine weitere Fehlüberweisung in enormer Größenordnung gegeben. 602.244 Euro sind laut einem verwaltungsinternen, vorläufigen Prüfbericht mit der Nummer 08/ 2010 am 23. Februar dieses Jahres an ein Unternehmen in St. Augustin gezahlt worden.

Das hat SPD-Ratsherr Hans Butzen am Dienstag vor Journalisten erklärt. Die Stadt räumte zudem auf Anfrage eine dritte falsche Gewerbesteuer-Rückzahlung in Höhe von 4.000 Euro ein.

Nachdem städtische Rechnungsprüfer die Falschüberweisungen im April bemerkt hatten, sei die fehlerhafte Zahlung in sechsstelliger Höhe an die Konzernmutter zweier Krefelder Firmen am Weeserweg zurückgebucht worden. Für die Stadt sei damit kein Schaden entstanden, so die Verwaltung.

"Wie bei der Falschabwicklung 2008 hat es eine Verrechnung von Forderungen und Erstattungen verschiedener Unternehmen gegeben", sagte Butzen. Statt der mehr als 600.000 Euro hätte gerade einmal die Hälfte überwiesen werden dürfen.

Oberbürgermeister Gregor Kathstede ist nach Darstellung Butzens am 16. April vom Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, Wolfram Gottschalk, über diese neuerliche Fehlüberweisung informiert worden. "Er wusste also davon, als er am 19. Mai in der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschuss zu der 800.000-Euro-Überweisung Stellung bezog.

Dort hat die Verwaltungsspitze von einem singulären Ereignis gesprochen, aber bereits von dem Vorgang im Februar gewusst." Gottschalk halte den Bericht zurück, so der SPD-Ratsherr. Als Leiter des Rechnungsprüfungsamtes sei er nicht mehr tragbar. Zudem sei ein Mitarbeiter von der Verwaltung ruhiggestellt worden, der bereits im November den Finanzskandal öffentlich machen wollte.

Vorwürfe hinsichtlich der 800.000-Euro-Überweisungspanne richtet Hans Butzen auch gegen Ex-Kämmerer Manfred Abrahams, seit 1. Juni Stadtdirektor in Düsseldorf. Als der betroffene Fachbereich Zentraler Finanzservice und Liegenschaften nach mehreren Mahnungen zum Bericht des Rechnungsprüfungsamtes Stellung nahm, sei der sechseinhalb Seiten starke Bericht von Abrahams redigiert worden, sagt Butzen.

Abrahams habe unter anderem herausgestrichen, dass die Rechnungsprüfer beim Kämmerer ein Organisationsverschulden nicht ausschlossen. In der endgültigen Fassung - auch der Oberbürgermeister hatte Änderungen gewünscht, da Verwaltungsmitarbeiter als "absolut unfähig" bezeichnet worden waren - hatte der Bericht nur noch drei Seiten.

Die SPD will deshalb über Abrahams’ neuen Dienstherrn, den Regierungspräsidenten oder den Innenminister, ein Disziplinarverfahren gegen den jetzigen Düsseldorfer Verwaltungsmann anstrengen. FDP-Fraktionschef Joachim C. Heitmann hat für die Ratssitzung am Donnerstag beantragt zu prüfen, ob beamtenrechtliche Schritte gegen Abrahams möglich sind.