Aktion zur Woche des Sehens: Die Welt im Dunkeln erleben
Zur „Woche des Sehens“ lädt das Gesundheits-Haus Salvea in ein Café mit völliger Finsternis ein.
Krefeld. Die Tür schließt sich. Völlige Finsternis. Orientierungslosigkeit und Unbehagen machen sich breit. Im Kopf dreht sich alles. Langsam tastet man sich voran. Es ist ein einschneidendes Erlebnis, das nicht jeder gleich gut verkraftet. Else Weyers hat es nur wenige Minuten im dunklen Café im Gesundheits-Haus Salvea ausgehalten. "Mir ist sofort schwindelig geworden", erzählt sie.
Die 76-jährige selbst besitzt noch etwas Sehkraft, erkennt im Hellen noch Umrisse. "So muss es sein, wenn man völlig blind ist", sagt sie. Wie empfindet eine blinde Person ihren Alltag? Welche Schwierigkeiten gibt es? Der Bund zur Förderung Sehbehinderter und das Reha Team West haben das Dunkel-Café zur Krefelder Woche des Sehens im Gesundheitszentrum Salvea eingerichtet.
"Wir wollen zeigen, welche Lebenswirklichkeit Blinde und Sehbehinderte bewältigen müssen", erklärt Margaret Reinhardt, Vorsitzende vom Bund zur Förderung Sehbehinderter. Es sei ein anderes Erleben und führe vielleicht zu einem Aha-Erlebnis bei manchen Sehenden.
"Die Gabel ist ja leer", sagt Holger Falk vom Reha Team West in der Finsternis. Er hat Schwierigkeiten, seinen Kuchen zu finden. "Man muss mit den Fingern essen", rät Hannelore Schnitzler. Ihr Sohn Arne hat auch seine Probleme: Er tastet hilflos nach seinem Saftglas. Die beiden haben durch Zufall von dem Aktionstag erfahren und wollten die Dunkelheit erleben.
"Es ist ein komisches Gefühl", so die 41-jährige. Man müsse sich erst daran gewöhnen. Die Konzentration gilt den anderen Sinnen: hören, tasten, riechen und schmecken. Der Apfelkuchen schmeckt intensiver; die Gespräche an den anderen Tischen kommen einem unheimlich laut vor.
"Die Wahrnehmung stellt sich um", erklärt Falk. Die anderen Sinne versuchten, die Aufgabe der Augen zu übernehmen, so dass man nicht völlig orientierungslos sei. Obwohl es ein zunächst unangenehmes Gefühl ist, stehen schon die nächsten Gäste an der Tür. "Das Café ist das absolute Highlight", findet er. Die Alltagssituation eines Blinden werde exemplarisch in Szene gesetzt.
Das Café kommt gut an. Nach einer Weile gewöhnen sich die Augen an die Finsternis, leichte Umrisse sind wieder zu erkennen. Das anfängliche Magenkribbeln hat abgenommen. Dennoch ist dieser Einblick in die Welt eines Blinden beklemmend, auch wenn er nur kurz dauert.