Als die Untertasse in Herongen fliegen lernte
Schülertreffen nach 60 Jahren.
Krefeld. In einem gemütlichen Hinterzimmer der Bockumer Gaststätte Mormels wird eifrig erzählt und gelacht. Die gut gelaunten Damen kennen sich schon seit über 60 Jahren. Ab 1946 haben sie gemeinsam die Schulbänke der Sollbrüggenschule gedrückt.
Das waren noch andere Zeiten. Die frisch aus dem Studium kommende Klassenlehrerin wurde mit Fräulein angesprochen und damit der Klassenraum nicht abkühlte, brachten die Schülerinnen selber Brennholz für einen Kachelofen mit. „Wir waren eine reine Mädchenklasse“, erzählt Marga Hindges. Im ersten Schuljahr hatte sie schon viele Freundinnen gefunden.
Doch manche von ihnen mussten im Laufe des zweiten Schuljahres die Schule wechseln. Der Grund: Die Schule war damals zwar eine rein katholische Grundschule, doch wegen der großen Schülerzahl wurde Hindges im ersten Schuljahr zusammen mit evangelischen Schülerrinnen unterrichtet. „Konservative Eltern haben Freundschaften zwischen Evangelen und Katholiken nicht erlaubt, das war schon schlimm“, sagt Marga Hindges.
Trotzdem erinnern sich die ehemaligen Klassenkameradinnen gerne an ihre gemeinsame Schulzeit. „In Herongen waren wir von der sechsten bis zur achten Klasse dreimal“, sagt Gerta Schäfer.
Während der einwöchigen Aufenthalte herrschte ein straffer Zeitplan. Nach dem morgendlichen Frühstück spülten die Schülerinnen bis 10 Uhr das Geschirr und um 12 Uhr gab es schon Mittagessen. Danach folgte der obligatorische Mittagsschlaf.
Der strenge Zeitplan blieb nicht ohne Folgen. „Irgendeine Mitschülerin hatte solch eine Wut, dass sie plötzlich eine Tasse zum Fenster rausfliegen ließ“, erzählt Gerta Schäfer schmunzelnd und ergänzt: „Das ist bei uns heute noch die berüchtigte fliegende Untertasse von Herongen.“ pasch