Dieter Nuhr und seine Wiedergeburt als Spreewaldgurke

Der Kabarettist war zu Gast im Krefelder Seidenweberhaus.

Krefeld. Von Opel über Nokia, Stasi, Überwachung und Lidl, Dieter Nuhr schafft einen Querschnitt von Politik über Wirtschaft um dann ganz elegant zur Religion überzugehen. Dass er dabei immer "Nu(h)r die Wahrheit" zu Gehör bringt - wie sein neues Programm heißt - ist allerdings fraglich, wo er doch selbst sagt: "Ehrlichkeit und Höflichkeit vertragen sich nicht", außerdem mache Wahrheit schlechte Laune.

Seit Jahren ist Nuhr ein gern gesehener Gast im Seidenweberhaus. Das kabarettistisches Multitalent unterzieht zu Beginn des Abends die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage einer genauen Betrachtung, um dann sein Programm abzuspulen und zuletzt - als Zugabe - auch noch einen auf Stand-Up-Comedian zu machen und spontan auf Einwürfe und Fragen der Zuschauer einfallsreich einzugehen.

Zugaben gibt es bei Nuhr allerdings keine, er hänge immer sofort zehn Minuten dran, nicht wie andere Künstler, die vorher aufhören um noch einmal auf die Bühne zu kommen und den Rest des Programms als Zugabe zu verkaufen.

Nach einer halben Stunde zur aktuellen Lage wollte er dann doch endlich mit dem Programm beginnen, schließlich gäbe es ja auch Positives zu berichten: "Der Heiland ist gekommen - Obama!" Das findet er gut, zumal wir uns in Deutschland immer noch mit Andrea Ypsilanti, der Sarah Palin von Hessen, herumplagen. Dann kommt er endlich zu seinem Lieblingsthema, das nicht fehlen darf: der Religion.

Im Katholizismus dürfe man alles, man müsse nur Bescheid sagen. Die Buddhisten hätten es da schon schwerer: "Einmal schlechte Laune und du kommst im nächsten Leben als Spreewaldgurke auf die Welt!" Doch er kann nicht nur Religion und Politik, auch Biologie und Chemie sind ihm durchaus geläufig. So teilt er dem gespannten Publikum mit, dass alle von einer einzigen Bakterie stammen und somit auch alle miteinander verwandt sind, auch mit Schweinen.

Außerdem haben Untersuchungen gezeigt, dass Liebe nur Chemie sei und Frauen sich dort gern aufhalten, wo ein Hauch Männerschweiß in der Luft hängt - wohlgemerkt ein Hauch. Der 48-Jährige gibt zu, dass er gerne vor Zuschauern spricht. Da er allerdings Gewalt und Drogen nicht so gern hat, habe er sich als studierter Pädagoge dann doch gegen die Schule entschieden und sei nun froh, vor Freiwilligen zu stehen.

Nur bei der ersten Show habe er die Türen noch abschließen lassen, aus Angst alle würden gehen. So sehr er seine Aphorismen hinter witzigen und einfallsreichen Umschreibungen versteckt, es steckt viel Wahrheit dahinter, die so gut verborgen ist, dass sie nicht unhöflich ist. Aber früher oder später findet man sie doch und es bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Dem Publikum fiel es äußerst schwer, nach 90 Minuten den Saal zu verlassen, erst nach mehrmaliger Aufforderung gingen die Ersten zögernd hinaus.