Direktorin des Fichte-Gymnasiums im Interview: "Die Zeit ist jetzt reif"

Waltraud Fröchte geht nach 40 Jahren im Schuldienst in den Ruhestand.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Sie ist durch und durch Krefelderin. Sie blickt auf 40 Jahre im Schuldienst zurück, seit sieben Jahren ist sie Direktorin des Fichte-Gymnasiums: Waltraud Fröchte, Jahrgang 1948, wechselt am 1. Februar in den Ruhestand. Heute, Dienstag, wird sie offiziell verabschiedet. Mit der WZ blickt sie zurück — und voraus.

Frau Fröchte, wie fühlen Sie sich nach 40 Jahren im Schuldienst zwei Wochen vor Ihrem Ruhestand?

Waltraud Fröchte: Da der Zeitpunkt schon länger feststeht und ich Zeit hatte, mich von der Arbeit und den Aufgaben zu lösen, eigentlich sehr gut. Seitdem der Zeitpunkt feststeht, sind die Möglichkeiten, gestalterisch tätig zu sein, stark eingeschränkt — man weiß, der Ruhestand kommt. Aber ich habe diesen Kreis abgeschritten und etwas beendet, das ist gut so. Jetzt sehe ich mit Dankbarkeit zurück und positiv dem Neuen entgegen.

Bei der Diskussion um die Entwicklung der Krefelder Schullandschaft — machen Sie sich Sorgen?

Fröchte: Wenn ich mich sorge, dann um die Oberstufen der Gymnasien. Die Gymnasien müssen sich bemühen, genügend Oberstufenschüler zu bekommen. In der Schullandschaft ist einiges in Bewegung: Die Eltern wollen die Hauptschule nicht mehr, die Realschulen haben zurückgehende Anmeldezahlen. Man muss sich fragen: Wie viele Kinder sind in der Sekundarstufe I (Klasse fünf bis zehn) vorhanden und mit wie vielen Jugendlichen können dann die Oberstufen rechnen? Und Oberstufen haben ja nicht nur die Gymnasien, sondern auch die Berufskollegs und die Gesamtschulen. Im gegliederten Schulsystem muss es eine Chance zum Aufstieg nach der Klasse 10 geben. Das ist nicht erst seit heute auch für die Gymnasien eine herausfordernde Aufgabe.

Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit als Schulleiterin wichtig gewesen, und was bleibt wichtig?

Fröchte: Die Einführung des gebundenen Ganztags im Schuljahr 2010/2011 und dessen weiterer Ausbau. Das Fichte-Gymnasium hatte über 18 Jahre lang ein Aussiedler-Förderprogramm. Das lief irgendwann aus, aber es gab und gibt immer noch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund oder Zuwanderungsgeschichte. Da ist sprachliche Förderung über den normalen Unterricht hinaus ganz wichtig. Das Erlernen einer Sprache, in dem Falle Deutsch, die Muttersprache werden soll, bekommen Sie nicht in den normalen Vormittagsunterricht gepackt. Aber da verfügen wir über viel Erfahrung. Immerhin waren wir eine Anlaufschule für 34 Nationen. Wir haben uns immer verstärkt und mit viel Erfolg um ausländische Schüler gekümmert. Noch einmal: Ich halte es für wichtig, auch für unsere Stadt und die Region, dass begabte Schüler mit Zuwanderungsgeschichte die Möglichkeit haben, Abitur zu machen.

Was bedeutet Ganztag am Fichte?

Fröchte: Durch das G-8-Abitur fällt ein Jahr weg. Die achten und neunten Klassen haben zwischen 32 und 36 Wochenstunden — das geht nicht bei nur Vormittagsunterricht. Wir wollen aber Zeit sowohl zum Lernen als auch zum Leben, zum sozialen und kulturellen Austausch. Deshalb hat die Schulkonferenz sich für den Ganztag entschieden. Wir bieten zum Beispiel Lernzeiten statt Hausaufgaben, auch deshalb haben wir die 90-Minuten-Stunde eingeführt. Ganztag am Fichte heißt: Mehr Zeit zum Lernen, mehr Zeit für sportliche Bewegung, mehr Zeit für Projekte im Bereich von Kunst und Musik.

Das Fichte ist ein Innenstadt-Gymnasium. Wie sehen Sie seine Rolle?

Fröchte: Die 20-jährige Kooperation mit dem Maria-Sibylla-Merian-Gymnasium läuft jetzt aus. Die bestehende Kooperation mit dem Arndt-Gymnasium in der Oberstufe ist eine sinnvolle Sache für die Schüler, da das Angebot breit gefächert ist. Diese ersten Schritte sehe ich als erfolgreich an. Wir arbeiten an einem Konzept, um zum Beispiel auch die berufsberatende Begleitung beider Gymnasien gemeinsam zu machen. Wichtig ist, dass Arndt und Fichte weiter im Gespräch bleiben.

Was wünschen Sie dem Fichte?

Fröchte: Dass der mit Erfolg eingeschlagene Weg des Ganztages weiter fortgeführt werden kann und dass die Kooperation mit dem Arndt erfolgreich weitergeht.

Was wünschen Sie der Krefelder Schullandschaft?

Fröchte: Kluge, auf die Zukunft ausgerichtete Entscheidungen, basierend auf sorgfältiger und vorurteilsfreier Interpretation der Faktenlage.