Erzieher Tim arbeitet allein unter Frauen
Der 28-Jährige ist von Beruf Erzieher. Im Waldkindergarten am Hülser Berg ist er der einzige Mann im Team.
Krefeld. Singen, wandern, basteln, spielen — so sieht der Arbeitsalltag von Tim Behrendt aus, denn der 28-Jährige arbeitet als Erzieher. Seit zwei Jahren ist er stellvertretender Einrichtungsleiter und einziger Mann im Waldkindergarten Waldameisen am Hülser Berg. „Meine Mutter meint, ich hätte schon in der Grundschule eine soziale Ader gehabt“, versucht er seinen Berufswunsch Erzieher zu ergründen.
Schon in jungen Jahren engagiert er sich im Kinder- und Jugendbereich, ist Betreuer bei Jugendfreizeiten und arbeitet viele Jahre als Babysitter, wobei er erste Einblicke in die Kinderpflege erhält.
„Mit 14 Jahren war ich der einzige Junge beim Babysitterführerschein“, erzählt er. „Später habe ich auf bis zu vier Kinder gleichzeitig aufgepasst und das ganze Wochenenden lang. In dieser Zeit habe ich Selbstständigkeit und Kompetenzen erworben.“
Nach der elften Klasse verlässt er die Schule und beginnt eine Ausbildung zum Erzieher. „Ich wollte arbeiten, nicht studieren.“ Eine erste Anstellung erhält er in einem Gelderner Kindergarten, in dem er zuvor schon viele Praktika absolviert hat. „Schon bei dieser Anstellung im Kindergarten haben wir regelmäßige Waldwochenenden verbracht. Das hat mir da schon sehr gut gefallen.“
Bei der Überlegung, wie man einen eigenen Waldkindergarten aufziehen kann, stößt der Naturliebhaber auf die Stellenausschreibung des Waldkindergartens und erhält die Stelle als stellvertretender Leiter. Gemeinsam mit den anderen Erzieherinnen baut er eine zweite Kinder-Gruppe auf.
Täglich macht er nun Ausflüge mit den 38 Schützlingen in den Wald und bringt ihnen wissenswertens über Baum, Strauch und Tier bei. Es wird geschnitzt und gesammelt sowie in Kuhlen und Löchern gespielt.
Im Winter rodeln sie gemeinsam im Schnee, im Sommer suchen sie Sonnenplätze auf. Das Kindergartenleben spielt sich fast ausschließlich im Freien ab — was ganz den Geschmack des naturverbundenen Erziehers trifft. „Ich bin froh hier zu sein. So intensiv habe ich noch keinen Frühling erlebt“, schwärmt er.
Oft wird er von Freunden beneidet, wenn er von Schneeballschlachten oder Abenteuern im Freien erzählt. „Bei schlechtem Wetter sind sie dann wieder froh, dass sie einen Büro-Job haben. Für mich gibt es aber kein schlechtes Wetter“, sagt er.
Dass er alleine unter Frauen arbeitet, macht ihm nichts aus. „Es funktioniert anders, aber es funktioniert gut“, stellt er fest. „Man erfährt viele Dinge übers andere Geschlecht, die man vielleicht nicht wissen will“, sagt er und lacht.
Außerdem sei es interessant zu sehen, dass es mit der Emanzipation nicht immer so weit her sei, denn viele Sachen würden von ihm erledigt werden. „Man läuft Gefahr, als Hausmeister missbraucht zu werden. Aber das ist ok.“ Zu seinem Job gehöre schließlich auch, die kleinen Kinder zu wickeln und ihnen jederzeit zur Seite zu stehen.
Als reiner Kumpeltyp möchte er dabei nicht gesehen werden. „Ich arbeite über Beziehungen. Es ist wichtig, die Gratwanderung zwischen Kumpel und Erzieher sein hinzukriegen. Wir können Spaß haben, aber nur bis zu einem gewissen Punkt.“ Er bekomme auch mal zu hören, dass er streng sei, aber für Kinder sei es wichtig, Gradlinigkeit und Konsequenz zu erfahren.
Wichtig findet er auch, dass mehr Männer als Erzieher arbeiten. „Kinder werden oft zu lange nur von Frauen erzogen. Aber das ist eine Einstellungssache. Viele Männer können das nicht. Man kann es nicht erzwingen.“ Allerdings möchte auch er nicht für immer Erzieher bleiben. „Ich möchte doch noch einen Akademischen Abschluss erwerben. Und später vielleicht beim Jugendamt arbeiten.“