Finanzpanne: OB spricht von riesengroßer Sauerei im Fachbereich
Der neue Leiter des Fachbereichs, Peter Mertens, entdeckte Kisten unbearbeiteter Vorgänge.
Krefeld. Die Finanzpanne im städtischen Fachbereich Zentraler Finanzservice und Liegenschaften nimmt immer größere Dimensionen an. Nach Angaben von Oberbürgermeister Gregor Kathstede sind in der Steuerabteilung des Amtes über einen langen Zeitraum hinweg Akten in Päckchen und Umzugkartons gelandet, statt bearbeitet zu werden. "Das ist eine riesige Sauerei, was in dem Fachbereich und in der Abteilung in den letzten Wochen, Monaten - man muss sagen Jahren - geschehen ist", so Kathstede am Donnerstag vor Journalisten.
Seinen Angaben zufolge hat die fehlerhafte Überweisung von 800.000 Euro an ein Unternehmen, das wenige Tage später Insolvenz anmeldete, einen Stein ins Rollen gebracht, der noch weitere Unregelmäßigkeiten zu Tage fördert. Nachdem der neue Fachbereichsleiter Peter Mertens am Wochenende sein Büro eingerichtet hatte, stolperte er Anfang der Woche in einem Büro über unbearbeitete Aktenberge.
"Ein gut versteckter Umzugskarton" war dies laut Kathstede, hinzu kamen etliche Päckchen in einem Schrank. Man habe zurzeit noch keinen Überblick, wie viele Vorgänge es seien und welchen Zeitraum sie umfassen. Auch sei unklar, ob es Forderungen der Stadt Krefeld gebe, die mittlerweile verjährt seien.
Offenbar fiel innerhalb der Verwaltung in vielen Fällen gar nicht auf, dass Abgaben überhaupt nicht eingetrieben wurden, da mit Beschwerden von Bürgern in solchen Fällen natürlich kaum zu rechnen ist: "Wer gar keinen Steuerbescheid erhält, wird uns sicherlich nicht noch darauf aufmerksam machen", so Mertens. Ob Schlamperei der Grund war für die Rückstände, Arbeitsüberlastung oder zu wenig Personal, kann Kathstede nicht beurteilen. "Ganz ehrlich: Die Gründe sind mir eigentlich egal." Er erwarte, dass Führungskräfte eine solche Situation erkennen "und nicht irgendwelche Vorgänge in Kartons landen".
Immerhin handele es sich um einen Fachbereich, in dem das Geld der Stadt erwirtschaftet und verwaltet werde. Kathstede hat eine Ad-Hoc-Kommission eingerichtet, in der Fachleute aus der Verwaltung den Fachbereich unterstützen.
Möglicherweise sind die bislang bekanntgewordenen Fälle nicht die einzigen Pannen, die zu Tage gefördert werden. Kathstede deutete an Donnerstag nur an, dass "die Abläufe zwischen Steuerabteilung und ausführender Kasse grundlegend auf den Prüfstand müssen".
Offenbar herrscht auch noch Unklarheit bei Personal, Stellenbesetzungen und Zuständigkeiten - Mertens meinte am Donnerstag, dass hier noch Gespräche zu führen seien. Seinen Mitarbeiterstab, der vor Jahren aus vier ehemaligen Ämtern in einem Fachbereich zusammengefasst worden war, bezifferte er auf "120 bis 130" bei 100 Stellen. Es werde eine Schwachstellenanalyse geben, und sämtliche Vorgänge würden durchleuchtet, so Kathstede.
Der Oberbürgermeister hat mit Peter Mertens, wie er sagt, "den besten Organisator, den wir zurzeit im Rathaus haben", mit der Fachbereichsleitung betraut. Gleichzeitig wurde Michael van den Bergh die Leitung des Sachgebietes Steuern und Abgaben übertragen; im Büro seines in den Vorruhestand geschickten Vorgängers sollen die Aktenberge nach WZ-Informationen liegengeblieben sein.Die Art und Weise, wie die beiden ihre Ämter erhielten, sorgt für Widerstand beim Personalrat. Er prangert noch weitere Missstände an.
Der frühere Leiter des Fachbereichs, Michael Ahlers, war am 8. Junivom Oberbürgermeister mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgabenentbunden worden. Sein Nachfolger Mertens war zuletzt Teamleiter fürOrganisationsmanagement.
Kathstede war in die Kritik geraten, weil die Gewerbesteuererstattung von rund 800.000 Euro an einwenige Tage später insolventes Unternehmen fast zwei Jahre geheimgehalten wurde.
Bis zur Sondersitzung des Rechnungsprüfungsausschusses am 1. Juli sollen externe Prüfer einen Bericht zu den Abläufen in der KrefelderVerwaltung erstellen.