Im Herzen ein Bauarbeiter
Carolin Kebekus ist ein Phänomen der Comedy-Szene. Ihr „Pussy Terror“ ist frivol und hintergründig, prollig und klug.
Krefeld. „Kölsche Mädche sin jefährlich“, heißt ein Lied der Kölner Frauenband Colör. Doch nicht nur das: Wer am Donnerstag Carolin Kebekus in der Kulturfabrik gesehen hat, weiß jetzt, dass Kölsche Mädche auch schmutzig, direkt — und ziemlich lustig sind.
Kebekus, Jahrgang 1980, ist der neue Star am Comedy-Himmel. Nach ihrem Durchbruch mit dem TV-Format „Broken Comedy“, das 2010 für den Grimme-Preis nominiert war, hat sie nun ihr erstes zweistündiges Soloprogramm auf die Beine gestellt. Der Titel: „Pussy Terror“.
Der Auftritt in Krefeld ist eine Vorpremiere, eine Art Generalprobe für die 30-Jährige. „Ihr seid meine Versuchskaninchen“, begrüßt sie ihr Publikum. Und beginnt einen Abend, an dem derbe Bauarbeiter-Sprüche, frivoles Geplauder, biografische Anekdoten und kluge Kritik nahtlos ineinander übergehen.
Ein Mikro und eine vollkommen leere Bühne — mehr braucht Carolin Kebekus nicht, um zu unterhalten. Die Frau schillert, sie ist voller Überraschungen. In ihrem schwarzen Kleid ist sie ein echter Hingucker. Doch in ihr schlummert ein wahres Ghetto-Kid, aufgewachsen auf der „falschen Rheinseite“ Kölns. „Ich bin der weibliche Bushido, quasi Mushido“, gesteht sie.
Ihr Vater: einer, der den Kölschen Klüngel lebt und in der Öffentlichkeit furzt. Die Mutter: eine Frau, die ihrer Tochter nach der ersten Periode sagt: „Jetzt hast du die Scheiße auch.“ Die Oma: eine gläubige Oberschlesierin, die permanent droht, dass Jesus alles sieht, was Carolin macht, und bei schlechtem Benehmen weint.
Als kleines Kind wünschte sich Carolin ein Pony und Barbies, bekam aber stattdessen „Olgas vom Flohmarkt, mit selbstgemachter Kurzhaarfrisur und aufgemalten Schamhaaren“. Nach dem Abitur, als ihre Freunde Gehirnchirurgen und Ingenieure wurden, trank die leidenschaftliche Mett-Esserin lieber Bier in Kneipen.
Selbstironisch, authentisch und mit einer großen Vorliebe für Pfui-Wörter gibt Carolin Kebekus Einblicke in ihr Leben — und gesteht einen gewissen Penisneid: „Mein Bruder hat den Pimmel, den ich verdient hab’.“ Sie hasst Shoppen, „Sex and the City“ und dumme It-Girls aus der „Gala“. Sie grölt auf der Heimtribüne des 1. FC Köln, will Lukas Podolski heiraten und weiß wie Dante von Borussia Mönchengladbach das Tor am vorigen Spieltag geschossen hat. Sie kann unglaublich gut prollige Jungs und Mädchen imitieren und kennt sich aus mit dem „TV-Programm für Asoziale“.
Doch Carolin Kebekus macht sich nicht nur lustig über Menschen. Sie regt sich auf über das „sexistische Arschloch“ Dieter Bohlen, das 14-jährige Mädchen bei „Deutschland sucht den Superstar“ begrapscht. Thilo Sarrazin bekommt sein Fett genauso weg wie das verdummende, pornografische Fernsehprogramm. Und dass Nadja Abd el Farrag, besser bekannt als „Naddel“, für den österreichischen Rechtspopulisten Heinz-Christian Strache Wahlkampf gemacht hat, kann Kebekus überhaupt nicht fassen.
Die Zuschauer grölen und applaudieren minutenlang für diesen gelungenen Abend. Gesellschaftskritik im emanzipiert-derben Proll-Gewand — das ist eben wahrer „Pussy Terror“.