Inklusion: Streit mit dem Land
Die Kommunen sollen die Voraussetzungen erfüllen — doch die Frage der Finanzierung ist nach wie vor nicht geklärt.
Krefeld. Die Landesregierung kommt in Sachen Inklusion an Schulen nicht in die Gänge. Die Kommunen sollen zum Schuljahresbeginn die Voraussetzungen erfüllen, dass behinderte und nicht behinderte Kinder im Regelunterricht gemeinsam lernen können. Wie sie jedoch vor allem die baulichen und personellen Voraussetzungen dafür finanzieren sollen, ist nicht geklärt. Jetzt rollt wohl eine Klagewelle auf das Land zu.
Schuldezernent Gregor Micus gestern: „Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände war sich noch nie so einig wie jetzt. Wir haben den Anspruch, dass Inklusion gelingen muss. Die monetären Voraussetzungen müssen dafür geschaffen sein. Wir werden mit dem Städtetag in der nächsten Woche entscheiden“, erklärt er. „Wenn das Land sich nicht äußert, werden wir klagen. Das Land muss endlich die Konnexität, die Verpflichtung des Landes zum Ausgleich der zusätzlichen Ausgaben, uneingeschränkt anerkennen und eine Kostenfolgeabschätzung vorlegen.“ Er plädiert auch für einheitliche Standards an den Schulen und regelmäßige Evaluationen. Der Beschluss der UN sei seit Jahren rechtskräftig. Das Land hätte rechtzeitig reagieren müssen. Jetzt solle der schwierige Entwicklungsprozess plötzlich im Schnelldurchgang erledigt werden.
So hatte der Uni-Sozialpädagoge Prof. Klaus Klemm gerade mal einen Monat Zeit, um ein Gutachten zu erstellen, in dem die Kosten der Inklusion zu untersuchen waren. Die Stadt Krefeld und der Kreis Minden-Lübbecke waren als Referenz-Stadt beziehungsweise -Kreis ausgesucht worden. Die ermittelten Zahlen — das Land habe sich lange geweigert, sie herauszugeben — halten Micus und der Fachbereichsleiter Schule, Jürgen Maas, für „sehr grob erarbeitet und zu niedrig gehalten.“
Demnach macht Klemm zwei Töpfe auf. Ein Ausgabenvolumen umfasst die Kosten für bauliche Veränderungen, die für behinderte Schüler für drei Jahre in Krefeld bei 615 000 Euro liegen sollen. Dazu ein Beispiel: Der Einbau eines Behindertenaufzugs kostet rund 100 000 Euro.
Für das nichtpädagogische Begleitpersonal an den Schulen wie Sozialarbeiter, Integrationshelfer und Pflegepersonal hat Klemm in dieser Stadt 302 000 Euro — ebenfalls für drei Jahre — ermittelt. Dabei gelte für Klemm das Konnexitäts-Prinzip nur für den ersten Ausgabenblock. Für den zweiten bestünde ein Rechtsanspruch auf Geld in den Sozialgesetzen. Micus mit Vehemenz: „Diese feinsinnige Differenzierung können wir nicht teilen.“ Im Vorgänger-Gutachten für die Stadt Essen und den Kreis Borken waren noch Kosten in zweistelliger Millionenhöhe errechnet worden.