Jägerinnen erobern die Reviere
Immer mehr Frauen machen wie Davina Wilson einen Jagdschein. Vorurteile ihnen gegenüber gibt es kaum noch.
Krefeld. Niederwild vom Niederrhein — so umschreibt Davina Wilson ihr Revier und ihre Beute. Denn am liebsten jagt sie Fasane, Kaninchen, Hasen und Rehe in Willich-Anrath. Die 54-jährige Britin wohnt seit 1989 in Willich, der Liebe und des Berufes wegen. Jägerin aber wurde sie in Krefeld. Bei der hiesigen Kreisjägerschaft absolvierte sie ihre Ausbildung und bei der Unteren Jagdbehörde legte sie ihre Prüfung ab. Diese Wahl begründet sie so: „Krefeld hat einen sehr guten Ruf.“
Davina Wilson gehörte zur Klasse von 2008, in der von 14 Teilnehmern acht weiblich waren. Diese Überzahl der Frauen sei damals durchaus bemerkenswert gewesen, erinnert sich Angelika Vermeulen, Sprecherin des Arbeitskreises Jägerinnen bei der Kreisjägerschaft. Sie spiegele in der Rückschau aber auch einen Trend wider: „Seit ungefähr zehn Jahren steigt das Interesse. Mittlerweile sind die Kurse häufig zur Hälfte mit Frauen besetzt.“
Und da sich an diesen Zahlen wohl auch nichts mehr ändern werde, prophezeit Vermeulen, dass es mittelfristig genau so viele Jägerinnen wie Jäger geben werde. Noch beziffert sie den Anteil der Frauen an den rund 600 in der Kreisjägerschaft Organisierten allerdings auf lediglich „zehn bis fünfzehn Prozent“.
Und obwohl die Frauen damit deutlich in der Minderheit seien, erkenne die Mehrheit der Männer sie durchaus als gleichwertig an: „Früher war das natürlich anders, da wurden jagende Frauen häufig als ,Flintenweiber’ verspottet. Mittlerweile aber gibt es eigentlich keine Vorurteile mehr.“
Das könne auch daran liegen, dass sich Frauen und Männer in ihrem Jagdverhalten kaum unterscheiden würden. Ob Kugel oder Schrot, Nieder- oder Hochwild — geschlechtsspezifische Neigungen bei der Wahl der Waffen oder der bevorzugten Beute gebe es nicht. Lediglich ein Unterschied zwischen Jägerinnen und Jägern ist Vermeulen aufgefallen: „Frauen kommen sehr viel häufiger als Männer über ihren Hund zur Jagd.“
Bei Davina Wilson hingegen waren es die Pferde. „Ich bin immer viel geritten, war gerne in der Natur. Deshalb habe ich mich irgendwann entschlossen, einen Jagdschein zu machen. Zumal es dabei ja nicht nur ums Erlegen, sondern auch ums Hegen und Pflegen geht.“
Das Reiten habe sie mittlerweile allerdings aufgegeben: „Das war dann zu zeitintensiv.“ Auch deshalb, weil sie sich einen Hund habe zulegen müssen. Denn obwohl sie Britin ist, ist ihr eine alte deutsche Jägerweisheit durchaus bekannt: „Jagd ohne Hund ist Schund.“ Außerdem brauche sie auch noch Zeit für ihren Job, schließlich sei die Jagd nur ihr Hobby, nicht ihr Beruf.
Davina Wilson arbeitet als Sekretärin, hat aber auch Köchin gelernt. Diese Profession immerhin lasse sich mit ihrem Hobby kombinieren, schließlich passe Jagen und Kochen sehr gut zusammen: „Ich weiß noch, wie ich mein erstes Reh erlegt und zubereitet habe — das war wunderbar.“