Möhnen und Trinas stürmen das Rathaus

Oberbürgermeister Gregor Kathstede hat keine Chance gegen die Alten Weiber. Das Lied des Prinzenpaars kommt allerdings nicht gut an.

Krefeld. Nicht zum Blocksberg reitet die Hexe auf ihrem Besen, sondern zum Rathausplatz. Denn dort will sie sich den Auftakt des Straßenkarnevals nicht entgehen lassen: den Sturm auf das Rathaus.

Dort versucht Anita Krüger von der Arbeitsgemeinschaft Krefelder Karnevalisten am frühen Nachmittag, die Hexe und die anderen Kostümierten in Stimmung zu bringen. Gar nicht so leicht, denn es ist kalt und viel los ist auch nicht. Gerade einmal zur Hälfte ist der Platz gefüllt, mit einem Gitter werden die Jecken vom Rathaus ferngehalten. Das gefällt weder den Karnevalisten noch Sänger Siggi Rose. „Also nächstes Jahr komme ich so nicht, ich möchte bei meinen Krefelder Fans sein“, fordert er. Anita Krüger versucht zu vermitteln: „Das ist eine Auflage der Stadt“, erklärt sie. Rose passt das trotzdem nicht, er ist unzufrieden, dass er auf eine Bühne verzichten muss.

Die Jecken lassen sich die Stimmung trotzdem nicht verderben. Als Engel oder Teufel, Kuh oder Schwein, Priester oder Nonne schunkeln sie sich warm und warten auf die Alten Weiber und die Trinas, um das Rathaus zu erobern. „Bis dahin halten wir so grade noch durch“, sagt Annemarie, die zwar eine dicke Jacke, aber trotz Kälte nur eine dünne Strumpfhose trägt. „Ich bin eben auch im Alter noch immer unvernünftig“, erklärt sie lachend.

Im Rathaus ist es dagegen eher von Vorteil, möglichst wenig anzuhaben. Seit 14.11 Uhr feiern die Stadtangestellten schon, es ist heiß und stickig, die Musik dröhnt. „Früher gab es noch Freibier von den Fraktionen, das muss man jetzt bezahlen“, beklagt Thomas, der sich mit einer Rasta-Perücke ausstaffiert hat, während neben ihm ein Schweinchen über den Gang hopst.

In der Zwischenzeit beziehen draußen das Prinzenpaar, die Prinzengarde, die Westgarde, Alte Weiber und Trinas Position, um pünktlich um 16.11 Uhr das Rathaus zu stürmen. „Hier kommt keiner rein!“, ruft Oberbürgermeister Gregor Kathstede vom Balkon den Heranstürmenden entgegen. „Ich mache euch ein Angebot: Geht nach Hause. Jeder, der hier freiwillig reinkommt, bekommt einen Schreibtisch zugewiesen und muss Akten abarbeiten.“

Auf eine Diskussion will sich das Prinzenpaar gar nicht einlassen. Stattdessen stimmt es sein Lied „Wir send Krieewel“ an. Das kommt allerdings nicht besonders gut an. „Lieber Prinz, das haben wir jetzt schon so oft gehört“, ruft Gabriele Leigraf von der Arbeitsgemeinschaft Krefelder Karnevalisten. Doch stoppen lässt sich das Paar nicht. „Prinz, ich mache dir ein Angebot: Wenn du die Rechte des Liedes an die Stadt abtrittst, musst du die nächsten 60 Jahre keine Steuern zahlen“, schallt es vom Balkon. Leigraf ergreift kurzerhand die Initiative: „Los Alte Weiber, wir stürmen jetzt das Rathaus!“ Doch bis die Weiber ankommen, dauert es — schließlich marschiert die Prinzengarde vorneweg.

So schnell will Kathstede sein Rathaus allerdings nicht aufgeben. Selbst als Gabriele Leigraf, die Alten Weiber und die breetlook-schwingenden Trinas auf dem Balkon angekommen sind, versucht er noch, die Machtübernahme aufzuhalten: „Wir brauchen keine Weiber an der Macht! Davon haben wir schon welche zu Hause!“ Leigraf lässt sich davon nicht beeindrucken. „Wir gehen jetzt regieren“, sagt sie kurzentschlossen. Erst mal will sie allerdings vom Oberbürgermeister wissen, wo der Lichtschalter ist. „Damit ich dann das Licht an- und ausschalten kann.“

Mit dem Kostüm des Kämmerers Ulrich Cyprian kann sie auch nicht viel anfangen. „Das ist kein Umhang, sondern ein Mikrofasertuch!“, ruft sie. „Hat er das, damit er den leeren Tresor der Stadt saubermachen kann?“ Sie will mit den Alten Weibern alles besser machen: „Mit uns zieht die Vernunft ein. Wir Frauen managen doch so ein kleines Rathaus multitaskingfähig nebenher.“

Dem hat auch Kathstede nichts mehr entgegenzusetzen — er fügt sich seinem Schicksal und überlässt den Alten Weibern und den Trinas das Rathaus. Lange trauert der Oberbürgermeister allerdings nicht, schließlich ist die Machtübergabe ja nur befristet. Und bis dahin feiert er einfach gemeinsam mit Hexen, Engeln und Teufeln.

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