Jahr der Fledermaus im Zoo - Geheimnisvolle Luftakrobaten
Im Zoo dreht sich dieses Jahr alles um Fledermäuse und Flughunde. Denn sie sind stark bedroht.
Krefeld. Martin Straube hat zwei ganz außergewöhnliche Haustiere: Sie hängen tagsüber am liebsten nur rum, werden erst nachts aktiv und ernähren sich ausschließlich von süßem Obst.
„Gambia und Kano sind Epaulettenflughunde, die wir vor rund zwei Jahren als Jungtiere ohne ihre Mütter gefunden und dann per Hand aufgezogen haben“, berichtet der 37-jährige Zootierarzt. Der eine ist blind, der andere zu zahm — deshalb können die beiden nicht mehr in die Gruppe zurück.
Der Krefelder Zoo ist in Europa einer der Tierparks mit den meisten Fledermausarten. Dabei sind es insgesamt nur vier: Neben den Epaulettenflughunden, die im Affentropenhaus leben, bevölkern Indische Riesenflughunde die Asienvoliere des Vogelhauses. Im Regenwaldhaus schwirren Langnasen- und Langzungen-Fledermäuse herum.
„Fledermäuse sind nur sehr schwer in Gefangenschaft zu halten“, erklärt Straube. Das liegt an ihrer Ernährung. Die meisten Arten fressen Insekten — und zwar in Massen. „Sie brauchen eine gewisse Insektenvielfalt und das ist kaum zu leisten. Mit den frucht- und nektarfressenden Arten haben wir dagegen nur positive Erfahrungen gemacht.“
Fledermäuse haben schon immer die Fantasie der Menschen beflügelt. „Sie sind einfach anders als andere Säugetiere“, sagt der Experte. Seit mehr als 70 Millionen Jahren bevölkern sie die Erde und sind die einzigen Säuger, die fliegen können. Die meisten Arten orientieren sich mit Echo-Ortung. Dafür stoßen sie Laute im Ultraschallbereich aus, die menschliche Ohren nicht wahrnehmen können.
Außerdem werden Fledermäuse für ihre geringe Körpergröße sehr alt. „Uns ist sogar eine Bartfledermaus bekannt, die es auf 48 Jahre gebracht hat“, berichtet Straube. Von Blut ernähren sich übrigens nur drei Arten in Südamerika. Zwei haben es auf Vögel abgesehen, eine auf Rinder und Pferde.
Alle einheimischen Fledermausarten sind geschützt, einige sogar vom Aussterben bedroht. „Die großen Hufeisennasen zum Beispiel leben nur noch in einem Quartier in der Oberpfalz und gehören damit zu den bedrohtesten Säugetieren Deutschlands“, erklärt Straube.
Vor allem in den 1960er und 1970er Jahren sind die Bestände dramatisch eingebrochen. Damals wurden hochgiftige Insekten- und Holzschutzmittel verwendet, die den Fledermäusen stark zusetzten. Und obwohl diese Mittel mittlerweile vom Markt sind, haben sich die Populationen nicht mehr erholt — „im Gegenteil, sie dümpeln auf einem niedrigen Niveau vor sich hin“.
Grund dafür ist vor allem die Zerstörung der Lebensräume der Fledermäuse und ihrer Nahrungsquelle, der Insekten.
Die zunehmende Industrialisierung der Landwirtschaft und die moderne Bauweise von Gebäuden, die keine tierischen Gäste mehr vorsieht, machen den flinken Luftakrobaten das Überleben schwer.
„Mit all diesen Veränderungen ihrer Umgebung kommen diese Tiere leider nicht klar“, sagt Straube. „Sie sind eben fast schon engstirnige Traditionalisten.“