Kabarett: Der liebe Gott steckt sogar im Bier
Jürgen Beckers Religionsstunde im Seidenweberhaus
Krefeld. "So, da wollen wir uns mal einen schönen Abend machen." Mit seinem Standardsatz aus den Mitternachtsspitzen betritt Kabarettist Jürgen Becker auch die Bühne des ausverkauften Seidenweberhauses. "Ja, was glauben Sie denn?", heißt der Religions-TÜV, mit dem der 48-jährige Kölner einen epochalen Rundumschlag von der Schöpfungsgeschichte über die darwin’sche Evolutionstheorie bis zu den Weltreligionen schlägt. Mit der abschließenden Erkenntnis, dass Gott auch im Bier steckt.
Menschen, Religionen, Rheinland - das ist der Kosmos des Jürgen Becker, aus dem sich seine fast dreistündige, kabarettistische Götterspeise zusammensetzt. Becker philosophiert über Geburt udn Tod: "Sie wissen, im Rheinland wird der Tod zwar hin-, aber nicht ernst genommen." Wenn es dann aber zum Todesfall kommt, ist der Rheinländer arg betroffen und zeigt Respekt, wie die zwei Golfspieler: "Am anderen Ende des Golfplatzes zieht ein Beerdigungszug vorbei. Da nimmt einer der Golfer die Kappe ab und verneigt sich tief. Oh, meinte der andere, du bist aber heute pietätvoll - Ja, hör mal, wir waren ja immerhin fast 50 Jahre verheiratet."
Streckenweise erinnert Beckers Auftritt an eine amüsante Uni-Vorlesung, wenn er am Pult vor seinen Bildern und Schautafeln steht, dabei lustig, aber durchaus wissenschaftlich fundiert die Evolutionsgeschichte oder islamische Strömungen erklärt. Bis dann plötzlich der Saal mit einstimmt: " Ach, wär ich nur ein einzig mal, ein schmucker Prinz im Karneval."
Vom Karneval kommt der Kölner dann irgendwie wieder auf die Religion: "Der Mensch denkt sich einen Punkt über sich und denkt dann: Was denkt der jetzt über mich? Und das ist Religion." Erst hatte der Mensch viele Götter, manchmal sah sich der Mensch sogar selbst als einen Gott an. "Das Gefühl, selbst Gott zu sein, war bei den Germanen üblich, und wir Rheinländer kennen das als Nachfahren noch heute: Wenn man nicht alles selber macht!"
Dann kamen die drei Religionen aus der Wüste auf den abendländischen Markt. Die zeichnen sich vor allem durch ihre Erbstreitigkeiten aus: wer war zuerst da und hatte recht? Keiner, denn jeder hat was vom anderen und sonst woher. Hauptsache Becker besitzt den normalen Glauben: "Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin", singt er.
Zum Schluss vereint er alle mit der Erkenntnis, dass Gott in allem stecken kann, sogar im Bier. "Dann spricht auch nichts gegen eine heilige Kommunion. Nichts gegen Gott, wenn er schön kalt und frisch gezappt ist, Prost!"