Krefelder Wissenschaftler unterwegs fürs gute Klima
Holm Tiessen arbeitet für den Weltklimarat, der zusammen mit Al Gore mit dem Friedens-Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
Krefeld. An den Anruf aus Brasilien kann sich Ernst Tiessen noch gut erinnern. Am anderen Ende der Leitung war sein Sohn Holm. Irgendwann gegen Ende des Gesprächs ließ der einen Satz fallen, den sein Vater nicht mehr vergessen wird: "Ach, übrigens, wir haben den Friedens-Nobelpreis bekommen." Mit "Wir" meinte Prof. Holm Tiessen den Weltklimarat der Vereinten Nationen, der zusammen mit dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore die begehrte Auszeichnung bekam.
"Seit den 90er-Jahren informiert der Weltklimarat Regierungen über den Klimawandel und seine Folgen", sagt Tiessen. Der dritte Sachstandsbericht aus dem Jahr 2001 bildet die derzeit wichtigste Basis der politischen und wissenschaftlichen Diskussionen über die globale Erwärmung. Tiessen arbeitete an mehreren Berichten des Klimarats mit, hauptsächlich zum Kohlenstoff-Kreislauf tropischer Ökosysteme - wie alle Mitarbeiter ohne Bezahlung. "Ich bin einer von hunderten Wissenschaftlern, deren Arbeit so anerkannt wird", sagt der 54-jährige Agrarwissenschaftler. Die Ehrung empfindet er als Anerkennung des Beitrags der Wissenschaft zu den politischen Entscheidungen zum Klimawandel.
In seinem Beruf hat Tiessen täglich mit dem Klimawandel zu tun. Der Krefelder ist seit drei Jahren Direktor des Inter American Institute for Global Change Research (IAI) in Sao Paulo. Das Institut koordiniert und unterstützt zahlreiche interdisziplinäre und länderübergreifende Forschungsvorhaben. Dabei geht es um den Klimawandel und die Veränderungen der Land- und Ozeannutzung, ihre Auswirkungen auf die Umwelt und ihre sozioökonomischen Folgen. "Die Auszeichnung deutet an, dass wir damit auf dem richtigen Weg zu relevanter Forschung sind", sagt Tiessen. Das bescheinigte ihm auch Bundespräsident Horst Köhler, der bei seinem Brasilien-Besuch im letzten Jahr auch ein knapp einstündiges Gespräch mit Tiessen führte.
In Berlin geboren, wuchs Tiessen in Krefeld auf, machte sein Abitur am Fabritianum in Uerdingen, ehe es ihn in die Ferne zog: Er studierte am renommierten King’s College in London, anschließend an der University of Saskatchewan (Kanada). Dort promovierte und habilitierte er, blieb 17 Jahre. 1999 wurde ihm der Humboldt-Forschungspreis verliehen, drei Jahre später übernahm er eine Professur an der Georg-August-Universität Göttingen für Tropenpflanzenbau. Weitere drei Jahre später ging er nach Brasilien. "Holm ist ein Workaholic. Wenn er keine sinnvolle Arbeit macht, ist er unglücklich", sagt sein Vater, bis zu seiner Pensionierung Chemiker im Krefelder Wasserwerk, der mit seinem Sohn regelmäßig telefoniert und E-Mails austauscht.
Allerdings sieht er ihn nur selten. "Holm wohnt fast im Flugzeug", sagt er. "Alle Jubeljahre kommt er mal vorbei. Er ist halt sehr beschäftigt. Aber wir sind stolz auf ihn." Und wenn der Sohn kommt, wird erstmal Grillage-Torte gegessen. Die sei nirgends so gut wie in Krefeld.