Kulturschaffende lesen 24 Stunden lang auf dem Von-der-Leyen-Platz
Sie wollen auf die Vielfalt der Kunst aufmerksam machen.
Krefeld. Rauch steigt auf. Er stammt von dem Feuer, das aus einer weißen Metalltonne mitten auf dem Rathausplatz lodert. Drum herum stehen Menschen, lauschen den Worten von Ariane von dem Bussche. Die Chansonsängerin, die vor einiger Zeit von Köln nach Krefeld gezogen ist, ist eine von rund 30 Kunst- und Kulturschaffenden, die bei der 24-stündigen Lesung auf dem Von-der-Leyen-Platz teilnehmen.
„Wir möchten mit der Aktion ein Statement setzen“, erklärt Yvonne Keßel, die gemeinsam mit Georg Dammer vom Werkhaus für das Projekt „Kunstfeuer“ verantwortlich ist: „Das Feuer steht für die Kunst, es belohnt, genau wie die Kunst ja auch, den Menschen mit einer zündenden, beleuchtenden und wärmenden Natur.
Voraussetzung: Es muss genährt werden.“ Die Flammen auf dem Rathauslatz werden genährt von Holzscheiten, die vor Ort passend geschlagen werden. „Kunst ist Arbeit und macht Arbeit, genau wie das Holzschlagen auch.“
Goethe oder Freud, T. C. Boyle, Heinrich Heine und Winnetou, alles ist dabei. Von kunstphilosophischen Klassikern über moderne Literatur — so unterschiedlich wie die Leser sind auch die Inhalte, die sie vortragen. Auch ein politisches Manifest gehört zu dem Repertoire.
„Die unterschiedlichen Beiträge und Positionen symbolisieren die kulturelle Vielfalt in dieser Stadt und machen deutlich, dass Kunst seit Jahrhunderten ein wichtiges und lebendiges Element für den Menschen ist“, so Keßel. Mit der Aktion möchten die Künstler ein Statement für sich selbst schaffen. „Uns war es nicht wichtig, ob viele Menschen kommen, wir hätten es auch alleine durchgezogen“, sagt Georg Dammer.
Das war nicht nötig, die ersten 24 Stunden sind komplett mit Vorlesern besetzt. „Wichtig war uns, dass wir einen Tag und eine Nacht schaffen, denn drei Stunden kann sich jeder hinstellen. Die 24 Stunden sind ein Zeichen für eine unermüdliche und unerschöpfliche künstlerische Grundhaltung.“
Um die Tonne mit dem Feuer stehen rund 120 weiße Keramikschalen, die als begehbares Feld genutzt werden dürfen. „Man kann mit ihnen arbeiten, etwas hinein legen oder herausnehmen, ganz so, wie man sich fragen kann, was will ich der Kunst geben, was erwarte ich von ihr.“
Das Kunstfeuer ist ein Teil des Großprojektes „Die Relativitätsfalle“, dessen Leiterin ebenfalls die freischaffende Künstlerin Yvonne Keßel ist: „Wir beschäftigen uns mit der Wahrnehmung von Menschen und unserer daraus resultierenden Urteilsbildung.“
Die Aktion hier dient nun als Ausdrucksmittel. Auch der Rathausplatz ist nicht zufällig Ort des Geschehens: „Hier ist ein Ort kommunaler Verhandlungen, auch für die von Kunsträumen“, erläutert Keßel. Nichts an dieser Aktion ist ohne Symbolik und Bedeutung, nichts ist ungeplant. Bis auf den Verlauf selbst: „Wir wissen nicht, was der erste Tag mit uns macht.“
Spannend wird es, wenn die Nacht kommt. Schließlich ist offiziell noch Winter. Doch dafür gibt es ja das wärmende Feuer, das sowohl in der Tonne, viel mehr aber noch in den Teilnehmern selbst brennt.