Musical "Sissi": Kaiserlich ramponierter Kitsch
Die Adaption des Sissi-Stoffs im Seidenweberhaus enttäuscht mit Groschenroman-Flair.
Krefeld. Kaiserliches Flair auf die Bühne des Seidenweberhauses zu bringen, wie es die schwäbische Produktionsfirma ASA in ihrer Ankündigung des Musicals „Sissi“ verspricht, kann man sich bei Ortskenntnis kaum vornehmen.
So mag es kaum verwundern, dass es offenbar viele auswärtige weibliche Wesen sind — sämtliche Generationen des weiblichen Geschlechts vom Grundschulalter bis in die Altersgruppe 70 plus —, die am Donnerstag den Weg nach Krefeld gefunden haben, um hier im Sissi-Mythos zu schwelgen oder eingeführt zu werden.
Den Inhalt des Musicals kennt man aus den Sissi-Filmen der 1950er Jahre mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm. Diese Vorlage hat Jean Müller in seinem Buch und seinen Liedtexten von allem dramatischen Ballast befreit und in der heilen Welt eines Groschenromans mit Goldrahmen angesiedelt. Da singt Sissi in ihrem „Heimwehlied“: „Als Prinzessin in einem Kahn, zog uns ein weißer Schwan, im Wellenschlag, aus Raum und Zeit, fuhr ich am See im Rosenkleid . . .“
Die passende Musik zu solcherlei Kitsch lieferte George Amade. An diesem Abend spielen Karolina Pasierbska und Anton Leiss-Huber die Rollen des Liebespaares und versuchen, den Untertitel des Musicals „Liebe, Macht & Leidenschaft“ umzusetzen.
Ganz nett ist dieses garantiert schon für die Altersgruppe ab sechs Jahren geeignete Spielen und Singen von Sissi und ihrem Franz Joseph; um die kleinen Mädchen in den vorderen Reihen des Saales muss man sich also keine Sorgen machen. Diesen — dem Gelächter nach zu urteilen aber vielen anderen auch — gefällt Major Krespl (Kurt Hexmann) als Sissis Adjutant, der das Kasperle gibt und die Steifheit und das Protokoll am kaiserlichen Hofe etwas auflockert.
Bei dem angekündigten Bemühen der Produktion, Ausstattung und Requisiten nach Originalen aus dem Wiener Hofmöbeldepot geschaffen zu haben, hätten einige Kulissenteile mal wieder einen frischen Anstrich vertragen. Unkaiserlich ramponierte Stücke eines Tourneetheaters stehen im Kontrast zum Anspruch der Inszenierung und zum stolzen Preis von 75 Euro in den vorderen Rängen.