Oldtimer: Blitzschnell und blutorange

Helmut Broich fährt einen ’55er Ford F-100, umgebaut zu einem Hot Rod.

Krefeld. Schafe transportiert er mit seinem Pick-up nicht. Selbst wenn er welche hätte — sie würden die makellosen Eichenplanken, mit denen die Ladefläche ausgelegt ist, ruinieren. Huftiere hinten drauf sind also keine Option.

Dabei war der ’55er Ford F-100 ursprünglich durchaus für derartige Tiertransporte konzipiert, wie Helmut Broich zu berichten weiß: „Das war ein typisches Fahrzeug für amerikanische Farmer, die hatten Schafe geladen oder Heu.“

Broich hat nur seinen Hund Akimo dabei — der allerdings fährt nicht auf der Ladefläche mit, sondern in der Fahrerkabine. Und obwohl der Motor wummert wie ein kleiner Schiffsdiesel, hat Akimo sich im Fußraum zusammengerollt und döst. Auf die Passanten an der Uerdinger Straße hingegen wirkt der Sound des 5,7-Liter-V8-Motors geradezu alarmierend. Fast alle schauen sie auf, wenn der F-100 sich nähert. Und erblicken sie dann die bauchige Karosse, lackiert in Blutorange, drehen die meisten von ihnen ihre Köpfe bis der Wagen aus ihrem Blickfeld verschwunden ist.

Broich ist so viel Aufmerksamkeit gewohnt, sie gefällt ihm sogar — jedenfalls, wenn „die Leute nur ’n bisschen gucken“. Fangen sie allerdings an, „mit den Fingern zu zeigen“, was durchaus vorkomme, ist ihm das eher peinlich.

Als er sich den Wagen vor drei Jahren für 24 000 Euro kaufte, war der sowohl akustisch als auch optisch weniger beeindruckend. Der 55-Jährige bezeichnet den damaligen Zustand als „verbraucht“. Also investierte der Buchdrucker im Ruhestand viel Zeit und Geld, um den Wagen nach seinen Vorstellungen wiederherzurichten: „Ich habe noch mal 10 000 Euro reingesteckt und eineinhalb Jahre lang jeden Tag mehrere Stunden geschraubt.“ Auf Authentizität kam es ihm dabei nicht so sehr an: „Eigentlich ist nur die Karosserie original.“

Er folgte mit der Restaurierung nämlich einem ganz speziellen Konzept: einen rostigen Pick-up in einen glänzenden Hot Rod zu verwandeln.

Broich erklärt, worum es bei dieser Art des Tunings geht: „Das Wichtigste an einem Hot Rod ist der Motor, der Rest wird möglichst abgespeckt.“ Was er damit meint, wird deutlich, als er die Haube öffnet und den Blick in den Motorraum freigibt. Der ist, abgesehen von der chromglänzenden Maschine, nahezu leer.

„Das nennt man Cleanen: Nichts soll vom Motor ablenken. Alles, was nicht der unmittelbaren Beschleunigung dient, wird ausgebaut.“ Und so hat er die Heizung ganz entfernt — „brauch’ ich nicht, ist ja ein Sommerfahrzeug“ — und die Batterie unter den Beifahrersitz verlegt.

Der Motor, den er schließlich einbaute, ist nicht von Ford, sondern von Chevrolet: „Der ist typisch für die Hot-Rod-Szene. Die Ersatzteile sind gut zu bekommen und einigermaßen billig.“ Vor allem aber ist der Motor stark — 320 PS kann er entfesseln.

Und wie sich das anfühlt, demonstriert Broich an einer Ampel auf der Uerdinger Straße. Rot, Gelb, Grün: Er tritt das Gaspedal durch, die Reifen quietschen — der Hot Rod geht ab. Die Beschleunigung des Wagens presst Fahrer und Beifahrer in die Sitzbank, die durch die Kraft des Motors in Vibrationen versetzt wird. Und obwohl der Hot Rod schon nach rund 30 Metern von einem Ford Focus ausgebremst wird; nach diesem Sprint ist die Hitze des Motors auch in der Fahrerkabine deutlich spürbar. Broich ist sichtlich begeistert: „Schnell fahre ich eigentlich nicht so gerne, aber Beschleunigen mag ich.“ Um dann nicht ohne Stolz zu ergänzen: „Und mit dem Antritt kann der bis 140 durchmarschieren.“