Pferdetherapie: Therapeuten mit Nüstern und Mähne

Beatrix Schmiedhofer arbeitet mit verhaltensauffälligen jungen Menschen. Kommuniziert wird mit Hilfe von Pferden.

Krefeld. „Pferde werten nicht. Sie begegnen jedem Kind offen und interessiert.“ Diese Eigenschaft der imposanten Tiere hat sich Beatrix Schmiedhofer zunutze gemacht. Vor elf Jahren hat die Diplom-Sozialarbeiterin eine Praxis in Traar eröffnet, in der sie Kinder durch die Kommunikation mit Pferden therapiert.

„Durch den Kontakt mit dem Pferd entsteht eine innere Sammlung des Kindes“, sagt die gelernte Heilpraktikerin. „Pferde sind neugierige Sozialpartner, die sich selbst in den Hintergrund stellen und dem Kind viel Raum geben.“

Mithilfe der beiden Haflinger Merlin und Renaldo behandelt die Therapeutin sowohl Kinder und Jugendliche, die sich in Problemsituationen befinden, wie beispielsweise nach der Trennung ihrer Eltern, als auch verhaltensauffällige, autistische, hyperaktive und aggressive Kinder.

Der Diplom-Sozialarbeiterin lagen Kinder und Jugendliche immer schon am Herzen. Sie arbeitete unter anderem als Erziehungsbeistand bei der Diakonie. „Ich wollte ein Angebot bieten, das Kinder und Jugendliche noch eher abholt“, sagt die Therapeutin. So entstand die Idee einer eigenen Praxis in Traar.

Auf einem Pferdehof in Moers-Kapellen lernen Schmiedhofers „Klienten“ auf die Pferde zuzugehen und sich gegenseitig wahrzunehmen. „Den Pferden gegenüber müssen sie sehr achtsam sein. Ich lenke die Kinder dahin, sich ganz auf ihren Körper zu konzentrieren.“

Die 60-minütige Therapiestunde beginnt mit einer Begrüßung des Ko-Therapeuten, des Pferdes. Das Kind streckt seine Hand aus und streichelt die Nüstern des Tieres, um es anschließend putzen, reiten oder führen zu können.

Dieser erste Kontakt sei laut der Therapeutin wichtig für die Beziehung zwischen Mensch und Pferd. „Das Pferd nimmt das Kind als Individuum wahr. Eine Begegnung findet statt und der Kontakt wird aufgebaut.“

Das Konzept der Therapie besteht darin, sowohl den Kindern als auch den Pferden Raum und Zeit zu geben. „Ich zwinge meine Pferde nicht in Formen. Der Umgang ist gewaltfrei. Deshalb sind sie so offen und bereitwillig.“ Auch die Kinder werden nicht gezwungen über ihre Sorgen, oder Ängste zu sprechen.

„Meistens hilft es ihnen einfach auf dem Pferd zu sitzen und es zu fühlen.“ Ein Jugendlicher kommt bereits seit acht Jahren auf den Hof, um sich von der Therapeutin auf dem Pferd führen zu lassen und das, obwohl er selbst reiten kann.

Dass die Therapie anschlägt, zeigt auch die Entwicklung eines jungen Mädchens, das vor den Sitzungen panische Angst vor Tieren hatte. „In der Therapie hat das Mädchen schnell Kontakt zu den Pferden aufgebaut und gemerkt, dass sie nichts schlimmes machen“, sagt Schmiedhofer. Nach einem halben Jahr soll das Mädchen keine Angstzustände mehr gehabt haben.

Therapiert werden bewusst einzelne Kinder, keine Gruppen. „So ist die Beziehung zum Pferd enger und ich kann individuell auf den Menschen eingehen.“