Rebellische kleine Punker
Die vier Gepardenbabys haben gestern nicht den schönsten Tag ihres Lebens gehabt: Zootierarzt Dr. Martin Straube impfte die mittlerweile zwei Monate alten Jungtiere gegen Katzenschnupfen – unter lautem Protest.
Krefeld. Eigentlich ist es ein ganz mieser Trick: Tierpfleger Thomas Hamma betritt das Geparden-Gehege des Krefelder Zoos und wirft dem Weibchen Caohime (gesprochen: "Kwiwa") einen schmackhaften Hasen hin. Sie kann der Mahlzeit natürlich nicht widerstehen und macht sich sofort genüsslich über sie her.
Während Caohime nicht aufpasst, lockt Hamma ihre vier Jungtiere unbemerkt in ein Nebengehege und schließt die Tür. Heute wird nicht der schönste Tag im Leben der mittlerweile zwei Monate alten Gepardenbabys, denn Zootierarzt Dr. Martin Straube wartet mit der Spritze auf sie.
Es ist Zeit für ihre Impfung gegen Katzenschnupfen und Katzenseuche. "Beide Krankheiten sind sehr gefährlich", sagt Straube. "Und Geparde sind besonders anfällig für Infektionen." Der Grund: Vor etwa 10000 Jahren ist diese Tierart fast komplett ausgestorben. Die heutigen Geparde stammen daher alle von einer sehr kleinen Stammgruppe ab. "Diese tausende Jahre währende Inzucht hat ihre Spuren in den Genen der Tiere hinterlassen. Sie sind gesundheitlich nicht besonders robust."
Den vier Krefelder Jungtieren, die noch namenlos sind, sieht man das aber überhaupt nicht an. "Sie entwickeln sich wirklich prächtig", freut sich Zoosprecherin Petra Schwinn über die neuen Publikumslieblinge. "Und auch Caohime, die zum ersten Mal Mutter geworden ist, schlägt sich super. Sie ist total entspannt und ,arbeitet’ sehr gut mit uns zusammen."
Als Caohime allerdings merkt, dass ihre Babys verschwunden sind, wird sie ganz nervös. Sie läuft hin und her und hält Ausschau nach ihnen. Dann hört sie ihren Nachwuchs rufen, es klingt wie Vogelzwitschern. Man sieht ihr an, dass sie sehr in Sorge ist. "Das ist Stress pur für sie", sagt Schwinn.
Damit die Familie nicht allzu lange getrennt ist, muss bei der Impfung alles schnell gehen. Die Jungen wurden von Hamma in einen Korb gepackt und werden nun einzeln herausgeholt.
Jetzt zeigen sich die unterschiedlichen Temperamente der Geschwister, die mit ihrem langen Fell am Kopf und Nacken wie kleine Punker aussehen: Während zwei von ihnen wie Furien fauchen, knurren und sich mit Krallen und Zähnen zu wehren versuchen, bleiben die anderen beiden ganz ruhig. Fast ein bisschen resigniert und emotionslos lassen sie den kurzen Stich über sich ergehen. "Geparde sind auch nur Menschen", sagt Straube lächelnd. "Sie sind Individuen und haben ganz unterschiedliche Charaktere."
Nach zehn Minuten ist der Spuk vorbei, alle sind heil davongekommen. Nur Tierpfleger Thomas Hamma nicht: Er muss sich jetzt erst einmal umziehen gehen. Warum? "Auch Geparden machen sich im wahrsten Sinne des Wortes vor Angst in die Hose."