Samtweberviertel: Die Straße wird zum Vorgarten

Der Süden der City soll schöner werden — dieses Ziel möchten mehrere Aktionen erreichen. Dagmar Reinke-Stephann will die Straßen blühen sehen.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Wer die Innenstadt mit bunten Blüten bereichern möchte, hat meist mit diversen Widrigkeiten zu kämpfen. Nicht selten bekommen die mühevoll gesetzten Pflanzen alsbald Beine oder werden ausgerissen. Kein Problem, das Dagmar Reinke-Stephann entmutigen würde: „Man muss einfach ein paar Tricks anwenden“, lautet ihre Erfahrung.

Die 54-Jährige ist ein wahres Kind der Innenstadt. „Ich bin an der Alten Linner Straße aufgewachsen.“ Statt wie manch anderer das Weite zu suchen, ist sie stets zurückgekehrt und lebt mittlerweile mit ihrem Mann an der Lindenstraße, der dort einen Elektroinstallationsbetrieb führt. „Hier sind wir nah am Kunden, an der Stadt und am Grünen“, zählt Reinke-Stephann einige Vorteile auf. Und sie setzt noch einen drauf: „Das Viertel hat viel Flair, wir fühlen uns hier wohl.“

Dass dies so ist und bleibt, dafür tut die Geisteswissenschaftlerin auch einiges: „Ich lebe hier und will es auch schön haben“, sagt sie. Bereits seit Jahren bepflanzt sie daher beispielsweise das Straßenbeet vor ihrem Haus. Storchenschnabel, Hibiskus und Rosen finden sich hier und sollen nicht allein bleiben. Denn Reinke-Stephann möchte jetzt mit Unterstützung der Montag-Stiftung andere zum Mitmachen animieren und damit gleich den Kontakt in der Nachbarschaft stärken. Die Idee: Durch die Arbeit an den Beeten kommen sich die Menschen näher und mit anderen ins Gespräch.

Die Samtweber

Die angehenden Stadtgärtner können dabei gleich auf einen reichen Erfahrungsschatz der Initiatorin zurückgreifen. „Mein Mann und ich haben über die Jahre erst einmal vieles falsch gemacht“, gibt Reinke-Stephann offen zu. So sind etwa die hochwertigen Rosen rappzapp geklaut worden, andere Pflanzen eingegangen, weil der Standort nicht geeignet war. Auch die ursprüngliche Projektidee der 66 Sonnenblumen, die überall im Viertel erblühen sollten, habe daher kaum eine Chance gehabt, urteilt Reinke-Stephann: „Das funktioniert mit diesem Boden nicht so.“ Der Rest sei ausgerissen oder geklaut worden.

Dass dieses Schicksal nicht auch weiteren Projekten blüht, dafür hat die 54-Jährige mittlerweile manchen Trick parat. So dürfe das Beet zum Beispiel nicht nur mit einzelnen Pflanzen bestückt und ansonsten ungepflegt aussehen. Mit Begrenzungssteinen könne wilden Parkern Einhalt geboten werden. Reinke-Stephann hat dieser Tage außerdem ständig eine kleine Plastiktüte dabei. „Damit mache ich regelmäßig die Haufen weg.“ Müll und Hundekot seien seither seltener geworden. Und die Säuberungsaktion finde bereits Nachahmer. „Viele fegen sogar jetzt ihre Bürgersteige“, berichtet sie.

Reinke-Stephanns Traum ist, dass eine Art Schneeballeffekt eintritt, die Nachbarn in immer mehr Straßenzügen zu gärtnern beginnen. „Angesichts der leeren Kassen darf man eben nicht immer gleich nach der Stadt schreien. Man muss einfach mal was selber machen.“