Schlaraffia: Edle Ritter der Fröhlichkeit

Schlaraffia Crefeldensis feiert den 100. Geburtstag. Zum Fest im Stadtwaldhaus am Samstag werden Ritter aus Nah und Fern erwartet.

Eigentlich wirken diese drei Herren ganz unverdächtig — gestandene Mannsbilder, in fortgeschrittenem Alter, die so manch Unbilden des Lebens längst umschifft haben. Und doch ist da dieses Funkeln in ihren Augen. . .

Haben wir es doch mit Herren zu tun, die allwöchentlich eine merkwürdige Wandlung vollziehen. Die Anzugjacken machen dann blauen, altertümlichen Umhängen Platz, das Haupt wird geschmückt mit einer ritterlich anmutenden Kopfbedeckung, und schon sind sie bereit, ihrer gemeinsamen Freude an der Kultur zu frönen. Denn Wolfgang Lieb, Jürgen Becker und Wilfried Pickenäcker sind allesamt Ritter der Schlaraffia Crefeldensis.

Herren, die sich als Ritter verkleidet, gegenseitig mit musikalischen oder poetischen Darbietungen zu übertreffen suchen? Dass manch einer darüber ungläubig den Kopf schüttelt oder unangemessene Vergleiche zu Logen oder gar Karnevalsvereinen zieht, daran sind die Drei gewöhnt. „Eigentlich sind wir Spätromantiker“, sinniert Lieb schmunzelnd.

Das passt, schließlich fanden sich die Urschlaraffen 1859 in Prag zusammen, zu einer Zeit, in der die Romantik noch nachhallte. Vornehmlich waren es Künstler, die sich mit satirischer Lust über die Dünkel des Adels und des Beamtentums hermachten. Heute liegt das Hauptaugenmerk auf dem locker-gelassenen und vor allem geselligen Genuss der vielfältigen Beiträge, die aus den eigenen Reihen zu bestreiten sind, Politik und Religion bleiben außen vor. Manch einer habe da schon alte Begabungen wiederentdeckt oder neue gefunden, berichtet Becker.

Dass die Herren dazu in andere Rollen schlüpfen, kann da nur hilfreich sein. „Die alltägliche Last wird an der Garderobe abgegeben. Und während des Treffens entsteht Fröhlichkeit und Entspannung“, beschreibt Lieb.

Was Wunder, schließlich bedienen sich die Ritter dabei nicht nur einer mittelalterlich angehauchten Sprache und geben sich ritterliche Namen, sondern würzen das Ganze auch noch mit einer kräftigen Prise Humor. Da wachen etwa die Ritter Gran Pilaster, Sprich-Wörtlich und Carus auf dem Thron über die Sippung (das Treffen) und zu Beginn wird der Tamtam (der Gong) gerührt. „Und die Oberschlaraffen, die haben immer Recht“, witzelt Wilfried Pickenäcker.

Bei so viel kultureller Betriebsamkeit ist den Mitgliedern aus allen Bevölkerungsschichten aber auch das handfeste Anpacken nicht fremd. Bestes Beispiel ist die aktuelle Burg — das „Et Klöske“ an der Oberstraße. Als die Schlaraffen ihr altes Domizil im Stadtbad an der Neusser Straße verlassen mussten, konnten sie das denkmalwerte Gebäude erwerben. Und handelten sich ganz nebenbei noch viel Arbeit ein, war doch einiges zu überholen. „Die Rückwand mussten wir fast komplett sanieren, die Keller waren feucht“, berichtet Pickenäcker. Die alte Secco-Malerei wurde restauriert und mit einem Makrolon-Aufsatz ergänzt, der instabile Glockenstuhl wieder hergestellt.

Dafür hat sich die Arbeit gelohnt. „Viele halten unsere für die attraktivste Burg“, vermeldet Lieb nicht ohne Stolz. Gehört es doch zu den Gepflogenheiten der Ritter, dass sich die Reyche (die verschiedenen Schlaraffen-Vereinigungen) gegenseitige Besuche abstatten. Und solch eine viel gelobte Burg lockt auch Mitglieder an. Nachwuchssorgen gebe es keine, konstatieren die Drei zufrieden.

Umso entspannter kann nun gefeiert werden, denn die Crefeldensis wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Viele Ritter von Nah und Fern werden am Samstag, 6. April, allerdings nicht ins Klöske, sondern ins Stadtwaldhaus einreyten. Dass dabei allerhand musikalische und Wortbeiträge sowie Schauspiel aus eigenen Reihen vorbereitet werden, ist Ehrensache. „Auch die Bühnengestaltung stammt aus eigenem Beritt“, betont Lieb. Und so wird den Krefelder Rittern am Samstag ein vielstimmiges „Lulu“ — schlaraffisch für Bravo — gewiss sein.