Seidenhäuser und Brausezellen
Im Bildband „Unser C(K)refeld von 1898 bis heute“ erfährt man Kurioses und Spannendes aus der Stadtgeschichte.
Krefeld. An den Polizisten, der an der Ecke Ostwall/Rheinstraße anstelle einer Ampelanlage das 1952 noch überschaubare „Kraftverkehrsaufkommen“ regelte, kann sich noch mancher Bürger erinnern. Oder an den Krefelder Hof und die Markthalle.
Wohl kaum jemand aber wird noch wissen, dass auf dem Neumarkt, den seit 1952 der Kaufhof mit seinen Glasfassaden dominiert, einst das „Seidenhaus L. Frankfurt Wwe. Crefeld“ beheimatet war.
Diese und andere illustrierte Streifzüge durch die Krefelder Geschichte haben Helmuth Bayen und Andreas Storz mit dem Bildband „Unser C(K)refeld von 1898 bis heute“ neu aufgelegt. Der Vorgängerband war vor zwei Jahren bereits nach kurzer Zeit vergriffen. Pünktlich für lange Winterabende haben Bayen, langjähriger Sprecher der IG Ostwall, und der Fotojournalist Storz ihre Neuauflage vorgestellt.
Ab Freitag ist der 220-Seiten-Band in den Buchhandlungen erhältlich. Der Preis von 22,90 Euro ist bei den hohen Satz- und Druckkosten moderat.
Das im A-4-Format produzierte Buch enthält insgesamt 550 vorwiegend historische Bilder. „Ausschließlich private Archive wurden dafür ausgewertet“, sagt Bayen, der den historischen Ansichten aktuelle Bilder entgegenstellt.
Storz, der den Band im Eigenverlag „Zeitreisen“ herausgibt, zeichnet außerdem für Texte und Layout verantwortlich. Neben den fotografischen Erinnerungen an historische Gebäude und Anlagen liefern die Autoren Kuriosa.
In diese Rubrik fällt der Blick auf die „Erste Crefelder Radfahrschule“ an der Hochstraße 48, Eingang Dreikönigenstraße. Besitzer Heinrich Joesten, der dort auch Fahrräder verkaufte und reparierte, versprach für den 320 Quadratmeter großen Lernsaal der weiblichen Kundschaft: „Für Damen Lehrerin“.
Während wohl alle Krefelder das verfallende Stadtbad Neusser Straße kennen, ist kaum bekannt, dass es an der Hülser Straße 28 das Stadtbad II gab. Eröffnet wurde es am 27. August 1900. Damen und Herren waren streng getrennt. Es standen neun Badewannen sowie 20 Brausezellen zur Verfügung. Schüler konnten im Keller zehn kleinere Wannen nutzen. Beim Bombenangriff im Juni 1943 wurde das Bad zerstört.
Daneben, im Haus Nummer 26, befand sich die bei den Badegästen beliebte Restauration Hubert Ropertz. Heute ist dort eine Versicherung vertreten. Die Existenz der Bäder belegt, dass damals nur wenige Wohnhäuser über eigene Bäder verfügten.
Eine Rechnung aus dem früheren Krefelder Hof an der Ecke Ostwall und St. Anton-Straße belegt, dass man anno 1954 für 36,60 Deutsche Mark im ersten Haus am Platz im Doppelzimmer übernachten und essen konnte. Zeittypisch der Heizungszuschlag von einer Mark und der 15-Prozent-Aufschlag für die Bedienung. Das Hotel war 1911 eröffnet worden.
Das Hotel wurde Ende der 60er Jahre für Horten geopfert. Im Juli 2010 schloss das Kaufhaus am Ostwall. Seither steht das Gebäude bekanntlich leer.