Teure Panne: Stadt überweist aus Versehen 800.000 Euro
Eine viel zu hohe Rückzahlung von Gewerbesteuern ging an ein insolventes Unternehmen und ist damit möglicherweise verloren. Die Politiker des Kontrollausschusses erfuhren erst knapp zwei Jahre später davon.
Krefeld. Die städtischen Rechnungsprüfer schlagen erneut Alarm - nur vier Jahre, nachdem im Liegenschaftsamt durch Schlamperei 675.000 Euro an Mietzahlungen nicht eingetrieben worden sind. Im gleichen Amt sind nun versehentlich 781.074 Euro zu viel an ein Unternehmen überwiesen worden. Die viel zu hohe Gewerbesteuer-Rückerstattung - es hätten eigentlich 14.965 Euro sein müssen - hatte Folgen, da die Firma nur 16 Tage später Insolvenz anmeldete und damit zahlungsunfähig war. Möglicherweise ist der gesamte Betrag verloren.
Der interne Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsamtes birgt aber nicht nur aufgrund des Überweisungsfehlers Sprengstoff. Passiert ist die Panne nämlich bereits vor fast zwei Jahren, doch die zuständigen Politiker des politischen Kontrollgremiums - der Rechnungsprüfungsausschuss - wissen davon erst seit Dienstagnachmittag.
Hans Butzen (SPD), der bis vergangenen September zehn Jahre lang Vorsitzender des Prüfungsausschusses war, spricht deshalb gleich von zwei Skandalen. "Das sprengt jede Erfahrung, die ich im Bereich der Rechnungsprüfung habe." Die Verwaltung habe nie über den Vorgang berichtet, obwohl sie dazu verpflichtet sei. Wenn das Gremium am Mittwoch ab 17 Uhr tagt, dürften deshalb deutliche Worte fallen.
Laut dem Prüfungsbericht, der der WZ vorliegt, war es zu einem Verrechnungsfehler im Fachbereich Zentraler Finanzservice und Liegenschaften gekommen. Offenbar versagten jegliche Kontrollmechanismen, denn ein Betrag in dieser Höhe müsste nach Ansicht der Prüfer auffallen. Erstaunlich auch: Eine einfache E-Mail eines Sachbearbeiters reichte aus, damit die Stadtkasse am 7. Juli 2008 mehr als eine dreiviertel Million Euro an das kurz vor der Insolvenz stehende Unternehmen überwies.
Von der Fehlbuchung erfuhr der Fachbereichsleiter nach Angaben der Prüfer am 14. November 2008. Doch der schaltete weitere Stellen erst am 8. und 11. Mai 2009 ein. Der Zeitverzug von einem halben Jahr wurde mit einer internen Fehleranalyse begründet, an deren Ende von einer "Verkettung unglücklicher Umstände" gesprochen wurde.
Die Rechnungsprüfer selbst wurden am 12. Mai 2009 informiert. Sie bemängeln noch eine weitere Verschleppung. Obwohl die Eigenschadensversicherung der Stadt innerhalb von vier Wochen nach Bekanntwerden des finanziellen Schadens eingeschaltet werden muss, damit sie finanziell einspringt, so geschah dies erst am 20. Mai 2009. Die Forderungen wurden darüber hinaus beim Insolvenzverwalter erst am 12. Juni 2009 angemeldet.
Stadtsprecher Timo Bauermeister wollte am Dienstag keine Stellungnahme abgeben. Er berief sich auf das Steuergeheimnis und die heute stattfindende Sitzung, vor der er sich zu internen Vorgängen nicht äußern wolle. Hans Butzen (SPD) will dort auf Aufklärung drängen. "Immerhin hat es in der Zeit eine Kommunal- und eine Landtagswahl, aber auch eine Wahl des Kämmerers in Düsseldorf gegeben."