Verrückte Krähen auf Kufen

Rosi Beyer ist 60 Jahre alt und spielt seit 30 Jahren Eishockey — derzeit bei den Crazy Crows.

Krefeld. Die Bambini sind eine bunte Schar. In blauen, grünen, roten und gelben Trikots flitzen sie über das eisige Oval der Rheinlandhalle. Mit ihren Schlägern treiben sie die Pucks vor sich her, passen sie sich gegenseitig zu und lassen sie gegen die Banden knallen. Rund 40 Kinder im Alter zwischen sechs und neun Jahren trainieren auf dem Eis — unter ihnen kein einziges Mädchen. Zwar dürfen die beim KEV ’81 prinzipiell mitmachen, aber nur als Torhüterinnen, nicht als Feldspielerinnen. Und so gibt es im ganzen Eishockeyverein nur drei Mädchen. Andreas Habeck, Organisationsleiter der Bambini des Klubs, begründet das so: „Als Torhüterinnen sind sie ausgezeichnet — die Reaktionsschnelligkeit ist da.“ Um sich als Feldspielerinnen durchzusetzen, hätten sie jedoch nicht genug Kraft.

„Das ist Quatsch!“, sagt Rosi Beyer, Vorsitzende und Stürmerin beim Damen-Schlittschuh-Club Krefeld, den Crazy Crows: „Gerade in den unteren Altersklassen sollten Mädchen mitspielen dürfen. Da können sie schließlich noch mit den Jungs mithalten.“ Außerdem gebe es insgesamt viel zu wenig Mädchenmannschaften: „Es ist also falsch, sie schon so früh auszugrenzen. Für die Damenmannschaften können sie auch später noch auflaufen.“

Rosi Beyer spielt seit 30 Jahren in Damenmannschaften. Sie ist 60 Jahre alt und damit die vielleicht älteste Aktive in Deutschland: „In den Datenbanken habe ich jedenfalls keine Eishockeyspielerin gefunden, die älter ist.“

Ihren größten Eishockey-Moment erlebte sie vor mittlerweile 20 Jahren: 1993 wurde sie mit den Neusser Huskies Deutsche Meisterin. „Das war toll!“, erinnert sie sich. Nur ein Jahr später jedoch, musste sie eine überaus bittere Erfahrung machen. Dem Verein ging das Geld aus und so wurde die Damenmannschaft, eine Art Anhängsel der Herrenmannschaft, kurzerhand abgeschafft. Beyer war das eine Lehre: „Von da an war ich nur noch in Damenmannschaften, die eigene Vereine sind, aktiv.“

Seit gut zehn Jahren spielt die Solingerin für die Crazy Crows, derzeit in der NRW-Liga. Aber obwohl Krefeld eine Eishockey-Stadt ist; die „Verrückten Krähen“ haben es schwer. Ihre Heimspiele in der Rheinlandhalle müssen sie üblicherweise samstagmorgens ab 10 Uhr austragen: „Dann, wenn alle noch schlafen oder einkaufen sind.“ Und so kommen im Schnitt nur 30 Zuschauer: „Die meisten davon Verwandte oder Bekannte. Das ist ein bisschen traurig.“

Einmal immerhin durften die Crazy Crows im König-Palast spielen. Es war ein Showmatch vor einem Spiel der Pinguine. Die männlichen Zuschauer jedoch waren nicht alle charmant. „Es gab die üblichen Sprüche von wegen ’Trikottausch!’“ Daran erinnert sie sich schmunzelnd. Es gibt im Eishockey aber auch eine Art von Diskriminierung gegenüber Frauen, die sie wirklich stört. Zum Beispiel die Sache mit den Helmen: Zusätzlich zu dem auch bei Herren üblichen Plexiglasvisier, das die obere Gesichtshälfte schützt, sind die Damen verpflichtet, vor ihrer unteren Gesichtshälfte ein Metallgitter zu tragen. „Dadurch wird das Atmen erschwert und das Visier beschlägt schneller.“ Diese Nachteile des „Gitterhelms“ werden Beyers Ansicht nach durch die bessere Schutzwirkung zwar aufgewogen, trotzdem findet sie es nicht in Ordnung, dass den Damen das Tragen dieser Helme durch den Verband vorgeschrieben ist: „Ich hätte gerne die Wahl.“

Eine andere Sonderregel für Eishockeydamen würde sie aber noch lieber fallen sehen: „Bei uns sind Bodychecks und Bandenchecks normalerweise verboten.“ Diese Art des Rempelns, bei den Herren regelkonform, hält sie aber für einen wichtigen Teil des Spiels: „Das gehört einfach dazu, macht es interessanter. Und ich kenne eigentlich kaum eine Spielerin, die das anders sehen würde.“

Vielleicht hofft sie auch, dass ein bisschen mehr Spektakel Sponsoren anlocken könnte. Die Crazy Crows haben derzeit jedenfalls keinen: „Dabei könnten wir wirklich gut einen gebrauchen. 3000 Euro pro Saison würden uns schon reichen. Damit könnten wir dann unsere Eiszeit für das Training bezahlen. Das sind pro Stunde 130 Euro.“

Noch aber ziert die schwarz-grünen Trikots der Crazy Crows nur die namensgebende Krähe — den Schnabel zu einem grimmigen Grinsen verzogen. „Das ist ein neuer Entwurf für diese Saison. Der Vogel davor war uns zu zahm.“