Wald-Serie: Alte Robinien sind ein Juwel
Im Norden Krefelds liegt der Heesbusch. Obwohl er eins der kleinsten Waldgebiete ist, besticht er durch seine Fauna und Naturwelt.
Krefeld. Der Heesbusch in Uerdingen, direkt gegenüber dem Chemiepark und nahe der Stadtgrenze zu Duisburg gelegen, ist eine der ganz wenigen Waldflächen im Nordosten der Stadt. Doch ausgerechnet hier befindet sich einer der größten Schätze, den die Krefelder Wälder zu bieten haben. „Die über 100-jährigen Robinien im Heesbusch sind ein echtes Juwel“, betont Stadtförster Arno Schönfeld-Simon. „Sie haben eine hervorragende Holzqualität und zählen zu den drei wertvollsten Beständen dieser Baumart in ganz Nordrhein-Westfalen“.
Und tatsächlich ziehen die mächtigen Baumriesen mit ihrer markanten welligen Borke den Waldbesucher schnell in ihren Bann. Doch nicht nur die. Der lediglich rund 20 Hektar große Heesbusch bildet mit seinem illustren Ensemble aus Robinie, Rotbuche, Stiel- und Roteiche, Schwarzkiefer und Bergahorn ein ausgesprochen schönes Waldbild.
Die Robinien stammen ursprünglich aus den Steppen Ungarns und werden vielfach als anspruchslose Pionierbaumart bei Rekultivierungen eingesetzt. Wie gut die Holzqualität der bis zu 200 Jahre alt werdenden Robinien ist, macht ein Vergleich deutlich. Das gerne beim Bau von Weidezäunen eingesetzte harte Robinienholz hält meist länger als 30 Jahre. Pfähle der ebenfalls häufig verwendeten Eiche, für viele ein Synonym für Robustheit, schaffen es gerade mal zehn Jahre, Wind und Wetter zu trotzen.
„Nicht alle Bäume im Heesbusch und den zwei weiteren verbliebenen Waldflächen in Uerdingen (3,5 Hektar) und Gartenstadt (zehn Hektar) haben die hohe Qualität der Robinien“, berichtet Schönfeld-Simon. Er erinnert daran, dass erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg Forstpersonal in Krefeld eingestellt wurde. Deshalb fand in vielen Wäldern lange Zeit keine Jungwuchspflege und vielfach eine nur mangelnde Durchforstung statt.
Diese Zeiten sind längst vorbei. Alle Waldgebiete in Krefeld und in ganz NRW werden mittlerweile akribisch überwacht. Im sogenannten Forsteinrichtungswerk, der mehrere Kilogramm schweren Bibel des Krefelder Försters, sind zudem alle Flächen kartografisch erfasst und die grünen Daten des Waldes genau aufgelistet.
In Abteilungen, geometrischen Waldeinheiten von zehn bis 30 Hektar und kleineren Unterabteilungen, werden darin die Baumarten, Baumhöhen, Holzqualitäten, Wüchsigkeiten und Zuwächse pro Hektar dokumentiert. „Genau wie die Preußen das früher gemacht haben, denn die Einteilungen gehen tatsächlich auf die preußische Forstverwaltung zurück“, erklärt der Stadtförster.
Das Forsteinrichtungswerk wird alle zehn Jahre überarbeitet. Dank des Buches können die exakten Zahlen für die nachhaltige Holznutzung in der Waldwirtschaft ermittelt werden. „Das heißt, in den Wäldern die von uns betreut werden, wird nicht mehr Holz geschlagen als nachwächst“, erklärt der Förster.
Und wie viel Holz wächst in den 1036 Hektar Krefelder Kommunalwald pro Jahr nach? Auch auf diese Frage weiß er dank seiner Waldchronik eine präzise Antwort: 3800 Erntefestmeter. Sein Kollege in der Abteilung Wald- und Forstwirtschaft, Frank Meyer, errechnete sogar, dass in den städtischen Wäldern jede Stunde 0,5 Festmeter Holz nachwachsen. Anders ausgedrückt: Jede Sekunde kommt ein Holzwürfel mit einer Kantenlänge von fünf Zentimetern hinzu.
Dem Holzlaien erklärt der Waldexperte auch noch, was sich hinter den Begriffen Festmeter, Raummeter und Schüttraummeter verbirgt. So ist ein Festmeter ein dichter Würfel von einem Meter Kantenlänge. Beim Raummeter und Schüttraummeter werden die Hölzer hingegen in Kubikmeter-Einheiten gestapelt beziehungsweise geschüttet.
Zum Abschluss weist der Stadtförster noch auf eine Besonderheit am Löschenhofweg hin. Zwischen Uerdinger Stadtpark und Bayer-Stadion befindet sich ein bis zu 200 Jahre alter Buchenwald, der sich im Gegensatz zu den anderen Erholungswäldern in Privatbesitz befindet. Die Stadtwerke Krefeld nutzen dieses 3,5 Hektar große Waldareal zur Wasserfilterung und Wassergewinnung. Diese Fläche befindet sich in der Wasserschutzzone I und ist deshalb für die Öffentlichkeit nicht begehbar.
Viele Vogelarten nutzen diesen Altwald als Brut- und Nahrungsbiotop. Unter anderem tummelt sich neben verschiedenen Spechtarten hier der Kleiber, der als einziger Waldvogel vorwärts die Baumstämme hinunter laufen kann. Gut zu erkennen ist der zwölf bis 14,5 Zentimeter große Kleiber, der 2006 vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) zum Vogel des Jahres gekürt wurde, an seinem blauen Rückenkleid und seinem rötlich-braunen Brustgefieder.
Bevorzugt lebt der Kleiber (Sitta europaea) in den für Deutschland und Mitteleuropa typischen Rotbuchen- und Eichenwäldern. Sein deutscher Name beschreibt seine „handwerkliche“ Begabung, den Eingang der Bruthöhle durch „Kleibern“ (Kleben) von Lehmkügelchen zu verkleinern. Diese Höhlen befinden sich meist in luftiger Höhe von mehr als zehn Metern.
Wer mehr über die Krefelder Wälder und die Arbeit eines Försters wissen möchte, kann bei Waldführungen mit Arno Schönfeld-Simon dabei sein. Die werden mehrfach im Jahr angeboten. Weitere Infos sind erhältlich beim Fachbereich Grünflächen Abteilung Wald- und Forstwirtschaft, Arno Schönfeld-Simon, Telefon 86 44 31.