WM als Anpfiff für einen neuen Lebensabschnitt
Im Bermuda-Dreieck tut sich was: Kolja Amend will den Schlachthof wieder beleben. Am 11. Juni eröffnet der Biergarten.
Krefeld. Der Bauch hat sofort ja gesagt, der Kopf brauchte ein paar Wochen. Als Kolja Amend vor einigen Monaten den leerstehenden Schlachthof betrat, um für eine Immobilienfirma Zu-verkaufen-Schilder anzubringen, drängte sich ihm eine Frage förmlich auf: "Warum kaufe ich das Gebäude nicht selber?" Schließlich ist der 31-Jährige wie viele andere Krefelder dem kleinen Club an der Dießemer Straße tief verbunden. "Der Nostalgiefaktor ist groß", sagt er. "Ich bin hier quasi aufgewachsen."
Kolja Amend über sein Großprojekt
Gleiches gilt für seine fünf Geschwister. Zwei von ihnen konnte Amend überzeugen, in das Projekt einzusteigen. Auch ein guter Freund der Familie, Stefan Oppel, ließ sich nicht lange bitten. Und Amends Mutter Dietburg war ebenfalls Feuer und Flamme, nachdem sie die Wohnungen über dem Club besichtigt hatte.
"Es war eine wichtige und gute Entscheidung, die Last auf mehrere Schultern zu verteilen", sagt Kolja Amend. "Seit Wochen leiden ich und meine Mutter unter akutem Schlafmangel. Für mich alleine wäre das alles kaum realisierbar gewesen."
Stück für Stück wird das Gebäude, das mehr als zwei Jahre leer gestanden hat, in Schuss gebracht. Die rund 500 Quadratmeter Wohnfläche sind bereits komplett vermietet. "Das meiste läuft in Eigenregie", berichtet er. "Aber die Familie und viele Freunde packen mit an."
Amend möchte Krefelds Nachtleben ordentlich aufpeppen. "Ich habe acht Jahre in Münster gelebt und durfte erfahren, was urbanes Lebensgefühl bedeutet. Da hat diese Stadt noch einiges aufzuholen." Wenn alles so läuft, wie er sich das vorstellt, zieht ganz neues Leben im Bermuda-Dreieck ein. "Ich glaube, dass alle Clubs voneinander profitieren können." Die Rechnung ist simpel: Gibt es an der Dießemer Straße ein großes Partyangebot, dann zieht das viele Leute an - und alle kriegen ein Stück vom Kuchen ab.
Allerdings ist noch nicht endgültig geklärt, ob der Schlachthof Ende des Jahres eröffnet - und ob das überhaupt je der Fall sein wird. "Das ist natürlich mein großes Vorhaben", sagt der studierte Wirtschaftsinformatiker. "Aber es hängt ganz davon ab, wie sich die Planung in nächster Zeit entwickelt und wie viel Geld ich in den Laden investieren muss. Da sind nicht alle Fragen geklärt."
Aber eins ist sicher: Am 11. Juni, dem Tag des WM-Eröffnungsspiels, feiert der Schlachtgarten - der Biergarten hinter dem Schlachthof - seine Eröffnung. Richtig gemütlich ist das Schmückstück geworden: Es gibt eine Sand- und eine Kieselfläche, bunte Bierbänke und Liegestühle warten auf die Besucher.
Die weiße Theke ist fertig gezimmert, für Familien mit Kindern wird noch eine Sandkastenecke entstehen. "Wir haben einiges umgestaltet", berichtet Dietburg Amend. "Alleine den Müll und das Glas wegzuschaffen, war eine Heidenarbeit." Aber nun ist das Werk vollbracht. Und mit dem Anpfiff des Spiels zwischen Südafrika und Mexiko startet auch für Kolja Amend ein neuer Lebensabschnitt.