WM-Orakel: Ein Orang-Utan leistet Abbitte

Nach seinem Fehlgriff will der Affe seinen Ruf reparieren.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Als die Nacht hereinbrach über dem Zoo und die Fotografen längst verschwunden waren, da muss den Affen ein Gefühl der Reue befallen haben. Was hatte er nur getan? Er, der zukünftige Zuchtmann einer Horde französischer Weibchen, hatte sich aus selbstsüchtigen Motiven seinen Instinkten widersetzt und das falsche Orakel verkündet. Frankreichs Flagge, die er tagsüber vor laufenden Kameras liebkost hatte, mag ihm in diesem Moment wie ein Zeugnis der eigenen Schande vorgekommen sein.

Foto: Andreas Bischof

Am nächsten Morgen jedenfalls fanden die Pfleger die Trikolore zerfetzt in Baritos Gehege. Die deutsche Fahne hingegen, die er, als es darauf ankam, so demonstrativ verschmäht hatte, lag wie das Schnuffeltuch eines Kleinkindes in Baritos Schlafbox. So sieht es wohl aus, wenn ein Orang-Utan Abbitte leistet.

Noch immer zerknirscht wartete er Montag auf seine nächste Bewährungsprobe, die Chance, seinen ramponierten Ruf wiederherzustellen. Für das Halbfinale hatten die Pfleger im Krefelder Zoo ihm erneut zwei riesige Bonbons aus Packpapier geschnürt, eins mit der brasilianischen Fahne umwickelt, das andere mit der deutschen.

Und siehe da: Entschlossen wie nie schritt der Orang-Utan zur Tat. Ohne die brasilianische Flagge auch nur eines Blickes zu würdigen, schnappte er sich das deutsche Bonbon und begann es auszuwickeln. Einen Schlauch voller Nüsse und Honig fand er dort und saugte ihn genüsslich aus, als sei er selbst Leistungssportler und erlebe den größten Triumph seiner Karriere.

Auf einen solchen steuern, sofern Barito Recht hat, auch die deutschen Nationalspieler zu. Der Affe, dessen Glaubwürdigkeit zuletzt gelitten hat, scheint sich jedenfalls sicherer denn je zu sein. Sollte Deutschland am Dienstag siegen, ist nicht nur das Finale erreicht — sondern auch Baritos vollständige Rehabilitation.