Zwölf Jahre Schule für Krankenschwestern gefordert
Die Europäische Kommission will den Zugang zu den Ausbildungsplätzen erschweren.
Krefeld. Die Mittlere Reife reicht hierzulande als schulische Qualifikation meist aus, um eine Ausbildung zur Krankenschwester oder zur Hebamme beginnen zu können. Das soll sich nach den Plänen der Europäischen Kommission bald ändern. Sie fordert in den Mitgliedsländern der EU eine Angleichung der sogenannten Berufsanerkennungsrichtlinie.
Für Deutschland würde diese Angleichung eine Verschärfung der bisherigen Voraussetzungen bedeuten: Statt derzeit zehn müssten die künftigen Bewerber auf derartige Ausbildungsplätze dann mindestens zwölf Jahre Schulzeit nachweisen. Zwar zielt die neue Richtlinie ausdrücklich nicht auf zu erlangende Abschlüsse ab, aber in der Regel führen zwölf Jahre Schulbildung zum Fachabitur oder zum Abitur.
Carsten Lietz, Pressesprecher der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, erklärt die Gründe für diese Pläne: „Dadurch soll die Vergleichbarkeit vereinfacht werden.“ Deutschland sei nämlich eines der wenigen Länder, in dem sich die Zugangsvoraussetzungen für diese Berufe in den letzten Jahren nicht erhöht hätten. „Und dann fragen sich die anderen Länder natürlich: Warum sollen wir einen deutschen Abschluss akzeptieren?“
Mirko Miliniewitsch, Pressesprecher bei der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, fällt mindestens ein Argument ein, warum sie das tun sollten: „Die duale Ausbildung.“ Die dort vermittelte Kombination aus Theorie und Praxis führe bei den Auszubildenden nämlich zu einer beruflichen Kompetenz, die international sehr anerkannt sei: „Die Qualität ist damit also auf jeden Fall gegeben.“
Er spricht sich daher strikt gegen eine Umsetzung der neuen Richtlinie aus: „Es ist schon jetzt schwer, geeignete Bewerber zu bekommen. Und derzeit haben etwa 50 Prozent der Auszubildenden nur zehn Jahre Schule vorzuweisen.“
Im Krankenhaus Maria-Hilf liegt dieser Anteil bei rund 40 Prozent. Trotzdem befürwortet Volker Gottschlich, Leiter der Krankenpflegeschule, die Anhebung der Zugangsvoraussetzungen: „Die Ausbildung, die wir jetzt machen, ist gut, aber verbessern geht immer.“ Er schlägt sogar vor, dass die Pflegeausbildung verstärkt akademisch werden sollte.
Zumindest für „Führungskräfte in der Pflege“ fordert das auch Marina Dorsch, Pressesprecherin beim Helios-Klinikum. Was die Anhebung der für eine Ausbildung erforderlichen Mindest-Schulzeit angeht, äußert sie sich hingegen verhalten skeptisch. Derzeit verfüge die Mehrzahl der Bewerber in ihrem Haus nämlich über mittlere Bildungsabschlüsse, hinzu kämen aber durchaus auch Höherqualifizierte: Und von dieser „gesunden Mischung“ hätten bisher alle an der Ausbildung beteiligten „sehr profitiert“.