„Der kleine Kerl wird davon nicht lebendig“

Im Internet und in Grefrath wurde am Donnerstag über das Urteil gegen den Mörder des Jungen diskutiert.

Grefrath. Während im Fall des ermordeten Mirco das Urteil gesprochen wurde, beteten am Donnerstag Menschen in ganz Deutschland. Sie zündeten virtuelle und reale Kerzen an und weinten. Vor dem Computer verfolgten die Menschen die Ereignisse und teilten über Soziale Netzwerke ihre Gefühle mit.

Mörder Olaf H. wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, außerdem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Die WZ hat sich im Internet umgeschaut und in Grefrath umgehört. Wie sind die Reaktionen?

„Es ist eine unglaubliche Erleichterung. Jetzt ist es vorbei“, sagt Marc Neuhoven. Er ist Gründer der Facebook-Gruppe „In Gedenken an Mirco S. aus Grefrath“ mit fast 2000 Mitgliedern. Als er vom Urteil erfahren habe, saß er im Auto, musste anhalten und weinen, erzählt der Grefrather.

Viele User teilen Neuhovens Erleichterung. Trotzdem bleibt die Trauer. „Bei aller Genugtuung über dieses Urteil, der kleine Kerl wird davon nicht lebendig und das macht mich sehr traurig, ist jetzt so endgültig“, schreibt eine Userin. Die Gedanken der Netzgemeinschaft sind auch bei Mircos Familie: „Unter Gerechtigkeit verstehe ich auch Wahrheit! Wo ist die in diesem Fall geblieben? Die Eltern wissen nichts über die letzten Stunden ihres Sohnes.“

Gleichzeitig wird viel diskutiert: Was bedeutet das Urteil nun? Kann Olaf H. noch einmal einem Kind gefährlich werden? Ist die Strafe hart genug? Zu den Fragen mischt sich Wut und auch die Forderung nach der Todesstrafe.

„Aufrufe zur Gewalt wollen wir nicht“, stellt Marc Neuhoven klar. Und es gibt auch Gegenargumente. „Todesstrafe nutzt keinem was und ist nicht besser als das, was der Täter selber getan hat“, schreibt eine Frau.

Auch wenn der Fall nun abgeschlossen ist, hat er bei vielen Menschen Spuren hinterlassen. „Wir alle werden Mirco niemals vergessen. Er ist ein Teil von uns allen“, postet ein User und dankt der Gruppe, die für ein solches Urteil gekämpft hat. In der Facebook-Gruppe sind aus Menschen aus ganz Deutschland, die zuvor Fremde waren, Freunde geworden. „Wir wissen noch nicht wie, aber wir planen, uns zu treffen“, sagt Marc Neuhoven.

Auch in der nicht-virtuellen Welt gab es am Donnerstag Reaktionen. „Es ist richtig, dass die Schwere der Schuld anerkannt worden ist“, sagt Grefraths Bürgermeister Manfred Lommetz. „Jetzt hat er die Quittung für seine Tat bekommen. Er hat die Eltern fünf Monate lang im Ungewissen gelassen und in der Verhandlung offen gelassen, was genau passiert ist.“ Das mache die Schuld noch schwerer. „Für Grefrath kann jetzt endlich ein Schlussstrich gezogen werden — sofern es nicht in die Revision geht“, ergänzt der Rechtsanwalt.

„Ich finde es gut, dass er nicht nach 15 Jahren frei kommt“, sagt Grefraths katholischer Pfarrer Johannes Quadflieg. „Auch im Hinblick auf die Familie begrüße ich das Urteil, weil sie nun weiß, dass der Mann für seine Tat bestraft wird.“

Quadfliegs evangelischer Kollege Hartmut Boecker hat das Urteil so erwartet. „Ich denke, es bildet einen Abschluss des öffentlichen Interesses.“ Aber für viele Grefrather habe sich die Wahrnehmung der Gemeinde verändert: „Es ist nicht mehr die heile Welt, die sie mal war. Das Misstrauen ist gewachsen. Aber wenn man es positiv sieht: Es wird mehr auf den Nachbarn geachtet.“

Auch in der Verbundschule, die Mirco besucht hat, als sie noch eine reine Hauptschule war, waren die Ereignisse am Donnerstag Thema. Schon während des Prozesses wurde über den Fall gesprochen. „Aber nur, wenn die Kinder es wollten“, sagt Rektorin Helmi Röhrig. „Mircos Klassenkameraden sind heute in einer siebten Klasse. Wir hatten mit der Pflanzung eines Baumes und einem Gottesdienst innerschulisch Abschied genommen“, erinnert sie sich. „Aber das Urteil setzt jetzt noch einmal einen Schlusspunkt.“ Von richterlicher Seite sei alles getan worden: „Der Mann kann keine Kinder mehr töten.“