Leben am Döppersberg „Lärm treibt einen in den Wahnsinn“
Manfred Kann (72) lebt im Köbo-Haus. Zwischen Schwebebahn und Döppersberg hat er tagsüber keine ruhige Minute.
Wuppertal. Er lebt auf einer Baustelle. Nicht nur sprichwörtlich, sondern live und in Farbe. Wenn Manfred Kann auf seinen Balkon tritt, liegt ihm die Großbaustelle Döppersberg zu Füßen. So weit der Blick reicht: Krater, Baufahrzeuge, Kräne. Und Lärm. Pausenlos. Von 7 bis 19 Uhr. An manchen Tagen sogar noch länger.
Manfred Kann steht jeden Tag auf dem Balkon und schaut sich das Spektakel an. Der 72-Jährige wohnt seit sechs Jahren im Haus Alte Freiheit 26, besser bekannt als „Köbo-Haus“. Das liegt Wand an Wand mit der Schwebebahnhaltestelle.
Manfred Kann über seine Wohnung im Köbo-Haus
Im dritten Stock hat Kann seine Wohnung, die aus zwei ausladenden Räumen besteht. „Hier war früher mal ein Großraumbüro“, erinnert er sich. Das Köbo-Haus ist ihm bestens vertraut. Hier hat er gearbeitet — als Vertriebsleiter der Wuppertaler Stadtwerke. „Direkt unter uns war mein Büro“, sagt er und deutet mit dem Finger. „Das war ein traumhafter Job.“ Allerdings sei es im zweiten Stock wegen des vorbeifahrenden Verkehrs so laut gewesen, dass man die Fenster nicht öffnen konnte. In der dritten Etage hingegen hörte man davon nichts. „Der Schall zieht wegen der kleinen Mauer, die vor das Fenster gebaut wurde, direkt zum Dach hoch.“
Daher hatte Manfred Kann nach dem Tod seiner Frau nicht lange überlegt, als er die Wohnung angeboten bekam. „Eigentlich ist es hier traumhaft“, sagt er. Doch dann kam die Döppersberg-Baustelle. Manfred Kann hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit solch einem Radau. „Bald zwei Jahre lang wurde hier jeden Tag gemeißelt, als die Brücke zur Stadthalle abgetragen wurde. Der Lärm treibt einen in den Wahnsinn.“
Daher reist er viel. Als ehemaliger Lastwagenfahrer im Fernverkehr hatte er schon in jungen Jahren die Welt kennengelernt. Doch jetzt ist er aus purer Notwendigkeit unterwegs: „Ich kann es in meiner Wohnung tagsüber nicht aushalten. Sobald ich morgens fertig bin, verlasse ich das Haus.“ Entweder fährt er mit Bus und Bahn durch Nordrhein-Westfalen oder er macht Urlaub: „Ich war in Kambodscha und Thailand, am Nordkap und in der Türkei“, nennt der ehemalige WSW-Mann einige seiner Lieblingsreiseziele.
So lange es ihm gut geht, will er das fortsetzen — und hat sich jüngst ein Wohnmobil gekauft. Doch nun wurde bei ihm ein Gehirntumor festgestellt. Ob der etwas mit dem Lärm zutun hat? „Dazu hat mein Arzt nichts gesagt; und der weiß, wo ich wohne.“ Aber die Miete, die wolle er jetzt kürzen und lässt das gerade durch einen Anwalt prüfen.
Dass die Lage optimal ist und der Lärm gar nicht so störend, findet hingegen Nicolas Spengler, Geschäftsführer der Kissel-Immobiliengesellschaft und seit 2014 Verwalter des Köbo-Hauses: „Wenn die Baustelle erst einmal abgeschlossen ist, wird das eine hochfrequentierte Lage.“