Das Schuld-Puzzle von Duisburg
Obwohl Fachleute die Party monatelang planten, war die Genehmigung offenbar rechtswidrig. Wie kann das sein?
Duisburg. Vor knapp einem Jahr starben bei der Loveparade in Duisburg 21 junge Menschen. Zu Tode gedrückt im Gedränge am einzigen Ein- und Ausgang. Über 500 wurden verletzt. Unfassbar: Laut Staatsanwaltschaft war schon die Genehmigung der Techno-Party rechtswidrig.
Das fragen sich im Rückblick alle. Stadt, Polizei und Feuerwehr haben bei Besprechungen im Vorfeld zu sehr auf die große Erfahrung des Loveparade-Veranstalters Lopavent vertraut. Der hatte die Kapazität der Zu- und Abwege als ausreichend bezeichnet.
Davon ist bisher nichts bekannt. Allerdings hatte im Jahr zuvor die Stadt Bochum „ihre“ Loveparade aus Sicherheitsbedenken abgeblasen, nachdem die Techno-Party zuvor in Essen und Dortmund erfolgreich über die Bühne gegangen war.
Bedenken einzelner Beamter seien in dieser Situation übergangen worden, heißt es. Ein Beamter lehnte in einem schriftlichen Vermerk die Verantwortung wegen gravierender Bedenken ausdrücklich ab. Auch der damalige Duisburger Polizeipräsident protestierte.
Antworten werden auf folgende Fragen erwartet: War das Gelände mit nur einem gemeinsamen Aus- und Eingang über einen Tunnel völlig ungeeignet? Hätte die Stadt die Umsetzung des Sicherheitskonzepts besser kontrollieren müssen? Hatte der Veranstalter Lopavent zu wenige Ordner an den entscheidenden Stellen? Sperrte die Polizei zu lange an der falschen Stelle ab?
Das stellt jeder anders dar. Das Innenministerium wirft dem Veranstalter vor, zu wenige Ordner eingesetzt zu haben. Der Veranstalter beschuldigt die Polizei, mit Absperrketten am falschen Ort zur Katastrophe beigetragen zu haben. Die Stadt verweist auf ein von ihr selbst in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, nach dem die Genehmigung der Techno-Parade rechtens war.
Wenn es tatsächlich zu einem Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Tötung kommt, könnten mehrjährige Haftstrafen herauskommen. Doch bis dahin ist der Weg noch weit: Zunächst muss die Staatsanwaltschaft Anklage erheben, das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung annehmen. Die Beweisführung dürfte angesichts der verworrenen Faktenlage nicht einfach werden.
Sie haben aus einem Notfallfonds des Landes schnell bis zu 20 000 Euro (für Hinterbliebene und länger stationär Behandelte) bekommen. Außerdem haben bereits knapp 300 Menschen Schadenersatzansprüche angemeldet. Die Versicherung des Veranstalters Axa hat dafür bereits zehn Millionen Euro zurückgestellt.
In NRW sind die Sicherheitsauflagen für Großveranstaltungen deutlich verschärft worden. Betrüblich für alle Techno-Fans: Eine Loveparade wie in Duisburg wird es nie wieder geben, hat der Veranstalter Rainer Schaller nach dem Unglück angekündigt.