AfD hält an Albrecht Glaser für Bundestagspräsidium fest

Der neue Bundestag konstituiert sich - die Frist von 30 Tagen (nach der Wahl) ist abgelaufen. Eklat um AfD-Kandidat für Bundestagspräsidium droht. Und schon droht ein Eklat

AfD hält an Albrecht Glaser für Bundestagspräsidium fest (Archivfoto)

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Berlin. Im Plenarsaal wurde am Montag noch einmal Hand angelegt. Eine Putzkolonne säuberte letztmalig die blauen Parlamentariersitze und die Tische der Fraktionsführungen, Handwerker überprüften die Türen und Zugänge von der Lobby aus. Wenn am Dienstag kurz vor elf Uhr die 709 Abgeordneten des 19. Deutschen Bundestages erstmals zu ihren Plätzen strömen werden, wird alles angerichtet sein. Jeder weiß, wo seine Fraktion sitzt, jeder weiß um die Abläufe der konstituierenden Sitzung. Und doch könnte es spannend werden wie selten unter der Reichstagskuppel.

Maximal 30 Tage, so sieht es das Grundgesetz vor, dürfen zwischen der Bundestagswahl und der ersten Zusammenkunft des neuen Bundestages liegen. Die Frist ist abgelaufen. Erst werden sich die Abgeordneten zum Gottesdienst treffen, dann geht es zum Arbeitsplatz im Parlament. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird die Konstituierung von der Zuschauertribüne aus beobachten.

Auch er wird sich an das veränderte Bild im enger gewordenen Plenum mit sechs Fraktionen gewöhnen müssen. Neu ist die AfD als drittstärkste Fraktion mit 92 Abgeordneten, die von der Regierungsbank aus gesehen ganz rechts Platz nimmt. Und direkt daneben sitzt die in den Bundestag zurückgekehrte FDP mit 80 Mandatsträgern.

Die Sitzordnung war bei den Vorbereitungen zur konstituierenden Versammlung ein erster Streitpunkt: Die FDP wollte in der Mitte und nicht neben der AfD platziert werden. Also musste der scheidende Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bestimmen. Das Parlament kann aber per Mehrheitsentscheidung wieder Änderungen vornehmen.

Nach der Eröffnung durch FDP-Mann Hermann Otto Solms (76) wird der Bundestag zuerst die Geschäftsordnung für die kommende Legislaturperiode beschließen und dann den Bundestagspräsidenten wählen. Als sicher gilt die Wahl von CDU-Mann Wolfgang Schäuble. Mit Spannung wird erwartet, wem Schäuble was in seiner Rede ins Stammbuch schreibt. Bei der Wahl seiner Stellvertreter dürfte es dann pikant werden — denn nun kommt die AfD ins Spiel. Wie werden die anderen mit den Neuen von rechts umgehen?

Die AfD hat Albrecht Glaser für das Amt des Bundestagsvize nominiert. Es ist eigentlich guter parlamentarischer Brauch, dass die Kandidaten auch von den anderen Fraktionen gewählt werden - einzige Ausnahme war bisher Lothar Bisky. Der frühere PDS-Chef fiel 2005 durch insgesamt vier Wahlgänge, dann zog ihn seine Partei zurück.

Ähnliches könnte auch Glaser drohen, der sich unlängst kritisch zum Grundrecht auf Religionsfreiheit für den Islam geäußert hat. Etliche Abgeordnete der anderen Parteien haben deshalb bereits erklärt, den 75-Jährigen nicht wählen zu wollen. Dazu gehört auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt: „Wenn man im Deutschen Bundestag Vizepräsident sein will, dann muss man das Grundgesetz anerkennen, und dazu gehört die Religionsfreiheit.“

Ähnlich äußerte sich Unions-Fraktionschef Volker Kauder. Aus den Reihen der Union hieß es allerdings, es gebe seitens der Führung keine Empfehlung für das Stimmverhalten der eigenen Abgeordneten. Verbreitet wurde diese Botschaft: „Klar steht der AfD ein Vize-Posten zu, aber sie muss dann auch jemanden präsentieren, der wählbar ist.“

Doch von ihrem Vorschlag abrücken will die AfD (noch) nicht. Man halte an Glaser fest, so Fraktionschefin Alice Weidel, „weil er ein guter Demokrat ist.“ Der Kandidat wurde am Rande der AfD-Fraktionssitzung dann selbst gefragt, was er mache, wenn er durch die zunächst drei möglichen Wahlgänge falle. „Hypothetische Fragen beantworte ich nicht“, wehrte er ab. Doch kommt es so, hätte der 19. Bundestag gleich zu Beginn seinen ersten Eklat.

Gleichwohl geht es bei der Sitzung nicht nur um den Umgang mit den Rechten. So will die SPD den neuen Bundestag auch gleich über einen Antrag zur Geschäftsordnung abstimmen lassen, wonach die Abgeordneten den Kanzler künftig mindestens viermal im Jahr für jeweils eine Stunde befragen können. Erfolgschancen für die Genossen: eher gering.