Analyse Die Angst vor dem Rechtsruck bei der Landtagswahl in NRW
Forscher: Die AfD kristallisiert sich zunehmend als parteipolitisches Dach der flüchtlingsfeindlichen Proteste heraus.
Düsseldorf. Bisher hatten Parteien aus dem Spektrum rechtsaußen bei Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen keinen nennenswerten Erfolg. Die 1964 gegründete NPD erreichte nur einmal mehr als ein Prozent der Wählerstimmen. 1970 erhielt die NPD 1,1 Prozent, trat aber zu vielen Wahlen erst gar nicht an. Mit dem Aufkommen der AfD, in deren Kielwasser Pegida, Hogesa und Co. mitschwimmen, könnte sich das bei der Landtagswahl am 14. Mai ändern, befürchtet der renommierte Extremismusforscher Alexander Häusler von der Hochschule Düsseldorf.
Zu diesem Thema hat der Landesintegrationsrat eine Studie bei der Hochschule Düsseldorf in Auftrag gegeben, die am Montag vorgestellt wurde. Häusler, Mitarbeiter des Forschungsschwerpunktes Rechtsextremismus/Neonazismus der Hochschule, zieht eine erschreckende Bilanz: „Von den Rechtsaußenparteien geht eine politische Gefahr aus, die von populistischer Hetze bis hin zur unverhohlenen Aufstachelung zu rassistischer Gewalt reicht.“ Um wirkungsvoll Abwertung, Diskriminierung und Rassismus unterbinden zu können, müsse Sachkenntnis über das aktuelle politische Wirken rechtsextremer und rechtspopulistischer Parteien hergestellt werden, so Häusler weiter.
„Bisher hatten Rechtsextremismus und Rechtspopulismus keinen guten Stand in Nordrhein-Westfalen“, sagte Häusler. Es gab jahrzehntelang „keine große Anhängerschaft auf der Straße“. Dieses Bild ändere sich aber spätestens seit der Flüchtlingsdebatte radikal. Diese habe den rechten Rand regelrecht befeuert, so Häusler. Die Zahl der Straftaten habe sich seit 2015 verdreifacht, mancherorts sogar verfünffacht. Ein Grund dafür sei die „Verrohung der politischen Debatte“, meint der Extremismusforscher. Auch der Wahlerfolg der AfD, die mittlerweile in zehn Landesparlamenten sitzt, trage dazu bei.
Dabei sei die Strategie der in Nordrhein-Westfalen mit massiven internen Streitigkeiten kämpfende Partei simpel zu durchschauen. Die AfD setzte gezielt Provokationen und stelle sich als Außenseiter oder gar als Opfer der Medien dar. Das laufe genau nach dem Prinzip, das schon der 2008 gestorbene österreichische Rechtspopulist Jörg Haider vorgemacht hat. Einer seiner Wahlslogans lautete: „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist.“ Bei der AfD sei laut Häusler die Entwicklung von einer reinen Anti-Europa-Partei bis hin zum Abdriften nach immer weiter rechts bedenklich — und auch, dass diese Partei durchaus auch mit Stimmen aus der bürgerlichen Mitte rechnen könne. Die AfD liegt nach aktuellen Umfragen in Nordrhein-Westfalen bei neun Prozent der Wählerstimmen.
Insgesamt habe sich der rechte Rand seit Pegida, Hogesa und Co. deutlich verändert. „Früher waren die Gruppierungen strikt voneinander getrennt“, wie Häusler erläuterte, nun aber gebe es eine Milieu-übergreifende Zusammenarbeit. Inzwischen seien Kundgebungen mit breiterem Beteiligungsspektrum, veranstaltet von der AfD, etwa im ostwestfälischen Raum um Paderborn zu beobachten. Aber auch im Raum Wuppertal, Aachen und im Sauerland hätten sich solche „Mischmilieus“ etabliert. „Die AfD kristallisiert sich zunehmend als parteipolitisches Dach der flüchtlingsfeindlichen Proteste heraus“, sagte Häusler.