„Sparen erzeugt Sicherheit“

Autor Anton Bucher erklärt, warum Geizhälse aber nicht sehr beliebt sind.

Salzburg. Sparfuchs oder Schnäppchenjäger sind keine negativ besetzten Bezeichnungen von Menschen — und so haben wir in unserer Serie Tipps und Tricks zum Sparen gegeben. Der Alt-Bundespräsident Theodor Heuss (FDP) bezeichnete Sparen als die „richtige Mitte zwischen Geiz und Verschwendung“. Sparsamkeit sollte nicht übertrieben werden, denn als Geizhals möchte wohl niemand bezeichnet werden. Geiz gilt Christen als eine Todsünde, zu denen Professor Anton Bucher, Theologe und Pädagoge an der Universität Salzburg, forscht. Mit unserer Zeitung spricht er über die unbeliebteste der sieben Todsünden.

Professor Bucher, warum sparen Menschen gern?

Anton Bucher: Unsere Vorfahren waren über Tausende Generationen Sammler, die die notwendigen Vorräte anlegten. Das erzeugte ein Gefühl der Sicherheit, was nach wie vor der Fall ist. Etwas auf dem Konto zu haben, beruhigt. Allerdings, keineswegs alle Menschen können sparen. Sparsamkeit war bis vor wenigen Jahrzehnten eine der wichtigsten bürgerlichen Tugenden, und dies ist verständlich, weil noch mehr Mangel herrschte. Nicht umsonst lautet ein Sprichwort: „Armut, Not und manches Leid fliehen vor der Sparsamkeit.“ In einer Überflussgesellschaft hat das Sparen an Renommee verloren, aber es ist kein Zufall, dass nach der Finanzkrise von 2008 Sparen für viele wieder wichtiger geworden ist.

Nicht nur das Sparen, sondern auch der Geiz werden mitunter als positiv angepriesen. . .

Bucher: Es gibt eine Art Volkssport: Man will so wenig wie möglich ausgeben für so viel wie möglich. So eine gesunde und mitunter begründete Sparsamkeit kann dann schnell zum Geiz werden. Die Grenze verläuft fließend. Aber Geiz ist nicht geil, auch wenn das einst ein Werbeslogan propagierte. Geiz macht einsam und isoliert sozial. Es ist ein trennendes Element. Eine Studie hat etwa gezeigt, dass Frauen, die das Gefühl haben, dass ihr Mann geizig ist, sich eher trennen.

Wie definieren Sie Geiz?

Bucher: Wer sich und anderen zu wenig gönnt, obwohl er anders könnte, der ist geizig. Geizige Menschen sind unfähig, Dinge von sich zu geben.

Ist das auf Materielles beschränkt?

Bucher: Wer materiell geizig ist, ist auch emotional zurückhaltend. Betroffene können anderen keine zärtlichen Gesten, keine Zuneigung zeigen. Mitunter schenken sie Freunden oder dem Partner nicht einmal ein Lächeln, weil sie es ihnen nicht gönnen.

Warum sind manche Menschen geizig und andere nicht?

Bucher: Ich denke, dass die Persönlichkeit sicherlich durch das Vorbildlernen beeinflusst wird.

Was haben geizige Menschen gemeinsam?

Bucher: Geizige Persönlichkeiten verfügen meist über ein schlechtes Selbstwertgefühl.

Aber das geizige Verhalten hilft Ihnen ja auch nicht, beliebter zu werden. . .

Bucher: Die Avaritia, also Geiz oder Habgier, ist laut einer Umfrage die unbeliebteste der sieben Todsünden. Auch erstarrte Habgier wird zu Geiz. Trägheit und Wollust werden hingegen am ehesten toleriert.

Warum ist Geiz so unbeliebt?

Bucher: Ich denke, dass das mit der Entstehungsgeschichte der Menschheit zu tun hat. Wären Menschen nicht selbstlos gewesen, hätten geteilt, dann wären wir überhaupt nicht hier. Gott sei Dank gibt es wohl mehr Freigiebige als Geizige.

Kann man sich den Geiz als Charaktereigenschaft denn auch abtrainieren?

Bucher: Vielfach merken Menschen nicht, dass sie geizig sind. Es passiert aber, dass Menschen, die dem Ende ihres Lebens entgegensehen, ihre Werte ändern. Dann stellt sich der sogenannte Scrooge-Effekt ein wie bei Charles Dickens berühmter Weihnachtsgeschichte. Existenzielle Ängste können den Geiz aber noch verstärken.

Ein Fazit: Macht Sparen denn nun glücklich?

Bucher: Ich denke, es verhält sich ähnlich wie mit dem Geld. Keines oder zu wenig kann unglücklich machen; andererseits ist der Glückslevel in den vergangenen Jahrzehnten, in denen die finanziellen Ressourcen anstiegen, nicht höher geworden. Beglücken kann Sparen möglicherweise dann, wenn es gelingt, gleichsam den „inneren Schweinehund“ zu überwinden und gelegentlich auf etwas zu verzichten: Bedürfnisaufschiebung kann mit Vorfreude einhergehen, die bekanntermaßen die stärkste Freude ist. Das ist gehirnphysiologisch nachgewiesen. Der Körper schüttet mehr Dopamine aus.