Die letzten Stunden in Australien

Western Australia. Ich sitze gerade an einem Pool. Aber nicht an irgendeinem. Am Infinity-Pool des Lake Argyle Resorts, gebaut an die Kante des Berghangs, mit Aussicht über den größten Süßwassersee Australiens.

Juliane Kinast blickt wehmütig auf die letzten Monate zurück.

Foto: Juliane Kinast

Hinter dem tiefen Blau des riesigen Sees - umrundet man ihn, legt man etwa 950 Kilometer zurück - sind die Bergketten der Kimberleys zu sehen.

Es ist mein vorvorletzter Tag in Australien. Vorerst. Viel schöner könnte er nicht sein. Ich mache einen Roadtrip von Broome zurück nach Darwin. Eigentlich wollte ich dafür ja nette junge Menschen finden, die mich begleiten wollen. Aber das war gar nicht so einfach. Die einen mussten durchbrausen zu einem Jobangebot im Northern Territory und hätten sich auf der Strecke nichts anschauen wollen. Und nach einem Telefongespräch mit einem interessierten Herrn, der neben meinen Reiseplänen gern meine Körbchengröße wissen wollte, entschied ich dann, dieses Abenteuer doch lieber allein in Angriff zu nehmen.

Letzte Abenteuer am anderen Ende der Welt
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Das Leben als Backpacker in Australien ist nicht immer leicht. Aber das Schicksal hat es bisher ja ganz gut mit mir gemeint - und so habe ich eine Mietwagenfirma gefunden, die einen Campervan aus Broome nach Darwin überführt haben wollte. Deshalb habe ich die weit über 1000 Kilometer bis hierher zum Lake Argyle in einem luxuriösen Van mit Klimaanlage, Dusche, Fernseher, Küche und allem möglichen weiteren Schnickschnack zurückgelegt - für ganz kleines Geld.

Autofahren in Australien ist anders als bei uns. Schon deshalb, weil hier links gefahren wird, es kaum Verkehr gibt und auf dem Great Northern Highway von Broome nach Kununurra durchgehend ein Tempolimit von 110 herrscht. Zwangsentschleunigung. Wir Deutschen tendieren ja dazu, eine Fahrt von Düsseldorf nach Berlin schon als Weltreise zu betrachten. In Australien ist es indes völlig gewöhnlich, die fast 800 Kilometer von Broome bis Halls Creek in der Mitte des Outbacks und an den Ausläufern der Kimberleys an einem Nachmittag abzureißen. Und die Fahrt ist ja durchaus ein Event für sich: schnurgerade Straße, hunderte Kilometer weite Sicht, rote Erde und inzwischen immer satteres Grün. Trotzdem: Ich war nach diesem ersten Tag völlig fertig - zumal ich die letzte Stunde in der Dämmerung und mehrfach fast in Kühe oder riesige Känguruhs gefahren bin.

Halls Creek besteht aus einem Roadhouse, wenigen Blechhäusern und einem Caravanpark - von daher war es kein großer Verlust, gleich am nächsten Morgen weiterzufahren. Denn ich wollte ja gern früh nach Kununurra kommen, das in meiner Vorstellung eine prosperierende kleine Bergstadt war. Das mag in der Hauptreisezeit sogar gelten. Jetzt in der beginnenden Regensaison allerdings ist in Kununurra nicht viel los - die sechs Backpacker, die ich getroffen habe, warnten mich noch, abends nicht allein herumzulaufen; der vielen Aborigines wegen, mit denen es wohl öfter Probleme gibt. Tatsächlich habe ich in zwei Nächten Kununurra mehr Sirenen gehört als in zwei Wochen Darwin. Dafür habe ich vom Aussichtspunkt Kellys Knob aus einen bezaubernden Sonnenuntergang über den Bergen gesehen. Und nun bin ich gar nicht weit entfernt von Kununurra, am Lake Argyle und genieße den letzten faulen Tag, bevor ich morgen die restlichen über 800 Kilometer nach Darwin hinter mich bringen muss.

Hier genieße ich die ruhige Nebensaison wieder in vollen Zügen: Auf der Sunset Cruise über den See gestern Nachmittag war neben mir nur noch ein Paar aus Perth - und so entschied unsere Bootsführerin Tracey recht früh, dass wir uns doch gern an den normalerweise für die letzte Etappe reservierten Freigetränken bedienen dürften. Mit einer Dose Carlton Mid dümpelte ich, zwei Pool-Nudeln unter die Arme geklemmt, gemütlich im 29 Grad warmen Seewasser herum. Dass jetzt in der Fortpflanzungszeit 100.000 Frischwasserkrokodile den Lake Argyle bevölkern, hat uns nicht wirklich bekümmert. So ist das eben in Australien.

Und morgen geht es also wieder auf die Straße. Denn in Darwin muss ich einen Flieger erwischen, der mich nach Hause bringt. Weihnachten mit der Familie in Düsseldorf, bevor es im Januar wieder nach Australien geht, dann nach Neuseeland, Asien. Es gibt noch so viel zu sehen. Noch so viele Abenteuer, die erlebt werden wollen. Aber die Abenteurerin, die Jillaroo und die Backpackerin in mir freuen sich jetzt erst einmal allesamt auf Daheim - und endlich mal aufs Frieren! Also allseits fröhliche Weihnachten - und ein hoffentlich ebenso spannendes neues Jahr, wie es vor mir liegt.