Prinz-Ersatz Grings: „Wollen Birgit wieder aufbauen“
Mönchengladbach (dpa) - Doppeltorschützin Inka Grings lächelte immer noch in jede Kamera, da hatte sich Birgit Prinz schon durch den Nebenausgang aus dem Borussia-Park geschlichen.
Nicht nur der Abgang der beiden altgedienten Angreiferinnen hätte nach dem 4:2 (2:0) im WM-Gruppenshowdown gegen Frankreich am Dienstagabend kaum unterschiedlicher ausfallen können. Während Grings mit ihrer Fußball-Gala alle Argumente für eine Führungsrolle in der K.o.-Runde auf ihrer Seite hat, droht Prinz nach der vorgeblich selbst gewählten Auszeit bei ihrer letzten WM ein Abschied als Anheizerin von der Bank.
„Natürlich ist es eine schwierige Situation für sie“, sprach Grings der deutschen Fußball-Rekordnationalen vor der Abreise nach Wolfsburg zum Viertelfinale gegen Japan am Samstag Trost zu. „Sie zieht sich dann lieber zurück, aber wir wollen sie weiter aufbauen“, versicherte die Duisburgerin, und zeigte Verständnis für ihre Mitspielerin: „Es ist nicht einfach, dem Druck Stand zu halten, gerade wenn man mental nicht so gut drauf ist“, sagte Grings. Einen Stammplatz forderte sie am Mittwoch zwar nicht. Allerdings wäre eine Rückkehr auf die Bank für Grings „natürlich schwierig, alles andere wäre ja auch gelogen“.
Erstmals seit 26 Partien in Serie verzichtete Bundestrainerin Silvia Neid auf Prinz und gab nach dem Gruppensieg freimütig Einblick in den Gemütszustand der 33-Jährigen. In der vergangenen Woche habe sie Prinz nach deren frühen Auswechslung gegen Nigeria und dem anschließenden Frustausbruch gefragt, „ob sie überhaupt mental in der Lage wäre zu spielen.“ Nein, nicht von Anfang an, antwortete Prinz „Und das zeigt, wie schlecht es der Birgit im Moment geht“, erklärte Neid.
Auch für sie sei es bei der WM bislang „nicht einfach“ gewesen, gestand Grings, nachdem sie bei den ersten beiden WM-Partien nur eingewechselt worden war. „Ich habe lange gebraucht, um das zu verarbeiten. Sicherlich geht's mir jetzt ein bisschen besser.“ Bei Prinz habe die Bankrolle als Seelenpflaster ebenfalls bereits erste Wirkung entfaltet, meinte Neid. „Es hat ihr heute wesentlich besser getan, nicht zu spielen“, berichtete die Bundestrainerin von einer „sehr viel befreiteren“ Stürmerin und wollte von einem vorzeitigen Karriereende der 214-maligen Nationalspielerin nichts wissen: „Ich denke, dass wir von Birgit bestimmt noch was sehen werden.“
Obwohl auch alle Teamkolleginnen betonten, welch große Bedeutung der „super Persönlichkeit“ (Fatmire Bajramaj) zukomme, bleibt dennoch unklar, in welchem Rahmen Prinz bei ihrem letzten großen Turnier noch auftreten soll. Nach ihren beiden Treffern (32./68./Foulelfmeter) ist Grings im Angriffszentrum nur schwerlich zu verdrängen. Für einen Verzicht auf Celia Okoyino da Mbabi, die mit dem 4:2 (89.) ihr zweites WM-Tor erzielte, als hängende Spitze spricht ebenso wenig.
Trotz der trüben Aussichten ließ sich Prinz gegen Frankreich keinen Unmut anmerken, scherzte auf der Bank und trieb das Team lautstark an. „Wenn ich auf der Seite war, habe ich gehört, wie sie mich angefeuert hat“, erzählte Bajramaj, „und auch vor dem Spiel hat sie mir gesagt: Hey, ich glaub an dich.“
„Zu hundert Prozent“ stehe das Team hinter ihrer Spielführerin, betonte Zimmergenossin Ariane Hingst und machte die Medien für das Tief von Prinz, die dieses Jahr noch torlos ist, verantwortlich. „Ich finde es zum Kotzen, was mit ihr angestellt wird“, schimpfte Hingst. „Sie wurde in eine Position reingeschoben, die sie nie haben wollte. Sie wollte eigentlich in Ruhe gelassen werden, das ist ihr nie geglückt.“
So verzichtete die sensible und nachdenkliche Prinz nach dem Schlusspfiff auf den obligatorischen Gang durch die labyrinthartige Interview-Zone. Das unbemerkte Verschwinden dürfte einen Rüffel des Weltverbands FIFA für den Deutschen Fußball-Bund nach sich ziehen.
In das bei der WM entstandene Führungsvakuum stieß Grings mit ihrem lautstarken Auftritt gegen Frankreich und meldete auch weiterhin den Anspruch an, „mal ein paar klarere Worte zu setzen.“ Die jüngeren Spielerinnen bräuchten den Halt und Motivation der etablierten Kräfte, betonte sie. „In unserer Position, auch Birgit Prinz mit ihrer Erfahrung, müssen wir voranschreiten.“