Dorfbewohner könnten Olympiabewerbung kippen
Garmisch-Partenkirchen (dpa) - Dorfbewohner gegen Großstädter - am Ende könnten die Bürger in Garmisch-Partenkirchen oder den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land das Zünglein an der Waage sein.
Zwar sind die Alpenregionen gegenüber der Millionenstadt München auch zusammengerechnet zahlenmäßig deutlich in der Minderheit. Doch sollte am 10. November auch nur einer der vier Bürgerentscheide um die Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2022 zugunsten der Gegner ausgehen, wäre das Projekt gescheitert. Das mögliche Ja der Münchner hätte keine Bedeutung mehr.
Das Ungleichgewicht ist gewaltig: Zusammen knapp 250 000 Wahlberechtigten in den betroffenen Alpenregionen steht ein Millionen-Wahlvolk in der bayerischen Landeshauptstadt gegenüber. In Garmisch-Partenkirchen sind es gerade einmal knapp 21 000 Bürger, die sich für oder gegen eine erneute Olympiabewerbung aussprechen können.
Die führenden Kommunalpolitiker haben sich längst festgelegt: „Wir haben extrem dazugewonnen beim Thema Verträglichkeit, Nachhaltigkeit und Akzeptanz bei der Bevölkerung“, sagt etwa der Garmischer Bürgermeister Thomas Schmid. Er spielt damit auf die Hinzunahme von Ruhpolding (Landkreis Traunstein) im Bewerbungskonzept an. Dort würden Langläufer und Biathleten um Medaillen kämpfen - eine spürbare Entlastung von Garmisch-Partenkirchen, das für diese Disziplinen erst Sportstätten bauen müsste.
Auch Berchtesgadens Landrat Georg Grabner macht Werbung pro Olympia: „Wir sind nicht nur bereit, wir sind reif für Olympische Winterspiele“, verkündet er stolz. Er hat ebenso wie sein Traunsteiner Kollege Hermann Steinmaßl auf einen zustimmenden Beschluss seines Kreistages - das Landkreis-Parlament - hingewirkt. Die Kunsteisbahn am Königssee soll Schauplatz der Bob-, Rodel- und Skeleton-Wettbewerbe werden.
Die Befürworter bieten prominente Sportler wie Ski-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch oder Felix Neureuther aus Garmisch-Partenkirchen auf, um Stimmung für eine Bewerbung zu machen. Zuletzt sprach sich auch noch Fußball-Ikone Franz Beckenbauer für Olympia aus: „Aus meinem Gefühl und der Erfahrung heraus kann ich sagen: Wir brauchen die Spiele“, sagte der „Kaiser“ zu Wochenbeginn in München. Die Haltung der bayerischen Staatsregierung ist ohnedies klar: „Die Chancen, die in dieser Bewerbung liegen, sind unglaublich groß und das müssen wir deutlich machen“, sagte Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) der Nachrichtenagentur dpa.
Aber auch die Gegner melden sich im Endspurt des Olympia-Wahlkampfes zu Wort. „NOlympia“-Vertreter Axel Doering aus Garmisch-Partenkirchen sagt: „Die Kosten für Olympische Spiele sind mindestens so unbeherrschbar wie beim neuen Berliner Flughafen. Diesen Risiken dürfen wir unsere Heimatorte im sensiblen Alpenraum mit seiner grandiosen Natur nicht aussetzen.“ Doering hält Prognosen über den Ausgang der Bürgerentscheide für Kaffeesatzleserei, legte sich für seinen Heimatort aber dann doch fest: „50 Prozent plus eine Stimme gegen eine Olympiabewerbung“.