IOC treibt Neuausrichtung voran - vieles möglich

Sotschi (dpa) - Pensionsfonds für Athleten, Startgelder für Profis, abbaubare Stadien oder gar eine Verlängerung der Olympischen Spiele? Bei der lebhaften Debatte über die eigene Zukunft überraschte die 126. IOC-Vollversammlung in Sotschi mit einer Fülle an Ideen und Empfehlungen.

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IOC-Präsident Thomas Bach, der die offene Diskussion zur Modernisierung der Ringe-Organisation unmittelbar nach seiner Wahl am 10. September gefordert hatte, stellte sogar eine Änderung der olympischen Charta in Aussicht, um das erstarrte Gebilde aufzubrechen.

„Dies ist eine wichtige Session“, sagte der 60 Jahre alte Ober-Olympier und stellte zu Beginn des eineinhalbtägigen Brainstormings zu den drei Hauptthemen Nachhaltigkeit, Glaubwürdigkeit und Jugend noch einmal klar: „Das sind Ideen und keine Entscheidungen.“ Was folgte war ein verblüffend angeregter Austausch über ein Ideenpapier, das Bach in Zusammenarbeit mit der IOC-Exekutive nach einer viertägigen Klausurtagung im Dezember in Montreux entwickelt hatte.

Zahlreiche Mitglieder, bereits seit Jahren im Internationalen Olympischen Komitee (IOC), meldeten sich bei der Session in Sotschi zum ersten Mal überhaupt in ihrer IOC-Karriere zu Wort. Bach zeigte sich mit dem Beginn seiner ersten Vollversammlung als IOC-Chef sichtlich zufrieden. Auch die Öffentlichkeit kann an der Debatte über die Zukunft des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) teilnehmen und per E-Mail Anregungen einschicken. Ergebnisse wird es in Sotschi nicht geben. Nach der dreitägigen Sitzung werden Kommissionen und Arbeitsgruppen gebildet. Erst auf einer außerordentlichen IOC-Session im Dezember in Monte Carlo soll ein Strategiepapier mit dem Titel „olympische Agenda 2020“ abgesegnet werden.

Einig waren sich die Mitglieder, dass die horrenden Kosten für Olympia-Bewerbungen zeitnah geändert werden müssen. Der australische IOC-Vize John Coates, einer der Favoriten für Bachs Nachfolge an der Spitze der juristischen Kommission, offenbarte, Kandidaturen kosteten im Schnitt 70 Millionen Dollar. Den Bewerbern für die Winterspiele 2022 wurde bereits empfohlen, möglichst viele temporäre Wettkampfstätten zu verwenden, um die Ausgaben zu reduzieren.

Die tatsächlichen Ausgaben für Olympia-Gastgeber müssen klarer kommuniziert werden, so die allgemeine Meinung. Derzeit werde die Öffentlichkeit verwirrt, weil die operativen Kosten und die Milliarden-Beträge für infrastrukturelle Maßnahmen vermischt würden. Auf große Zustimmung stieß auch der Vorschlag, in Zukunft einen Pensionsfonds einzurichten für Athleten, die nach ihrem Karriereende bedürftig sind.

Viele sprachen sich für mehr Mixed-Wettbewerbe und generell mehr Flexibilität bei der Zusammensetzung des olympischen Programms aus. „Ich habe gerade die Bibel zu Ende gelesen, aber darin steht nicht, dass wir 28 Sportarten und 10 500 Athleten haben müssen“, sagte das israelische IOC-Mitglied Alex Gilady. Sogar eine Verlängerung der 17-tägigen Spiele scheint möglich - ein drittes komplettes Wochenende könnte die Attraktivität des Hochglanzprodukts Olympia erhöhen. Vorgeschlagene Bezahlung von Profiathleten wurde dagegen empört zurückgewiesen. „Das sei fundamental gegen die olympischen Prinzipien“ sagte der Franzose Jean-Claude Killy.

Am Donnerstagmorgen wird Ban Ki Moon auf Einladung von Bach als erster UN-Generalsekretär in einer IOC-Vollversammlung eine Rede halten. Stunden später nimmt er mit Bach am Fackellauf teil. „Danke für die rege Beteiligung“, sagte Bach zu seinen IOC-Kollegen am Ende des ersten Tages der Session, der mit 166 Redebeiträgen auch ihn selbst überraschte: „Ich hoffe, ihr seid morgen genauso gut gelaunt.“