Jetzt geht's los: Deutsches Team „erfolgshungrig“

London (dpa) - Jetzt geht's los! „Man spürt das Kribbeln“, sagte Chef der Mission Michael Vesper zur angespannten Atmosphäre im olympischen Dorf vor den ersten Entscheidungen bei den XXX. Sommerspielen in London am Samstag.

Fast 246 der 392 deutschen Athleten fiebern bereits seit Donnerstag in der englischen Metropole und in der Küstenstadt Weymouth ihren Auftritten entgegen. Gelingt dem deutschen Schwimm-Traumpaar Britta Steffen und Paul Biedermann ein goldener Auftakt? Kann André Geipel im Straßenrennen nach 250 Kilometern auf einen Medaillenplatz radeln?

„Erfolge zu Beginn würden der ganzen Mannschaft einen Schub geben“, sagte Bernhard Schwank, Leistungssportdirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), „aber man sollte von Anfang an das Ganze im Blick haben.“ Schließlich blieb das deutsche Team vor vier Jahren in Peking am ersten Tag ohne Medaille, hatte am Ende aber 41 Edelplaketten (16 Gold, 10 Silber, 15 Bronze) auf der Habenseite und belegte Platz fünf im Medaillenspiegel. „Wir haben volles Vertrauen in unsere Mannschaft, die erfolgshungrig und guter Stimmung ist“, sagte DOSB-Präsident Thomas Bach voller Zuversicht.

Im Vergleich zu Peking, wo 440 deutsche Sportler antraten, ist das DOSB-Aufgebot zwar kleiner, aber möglicherweise sogar stärker. „Wir sind in viele Sportarten besser aufgestellt“, erklärte Vesper. „Im Rudern sind wir in allen Bootsklassen dabei, auch die Leichtathletik ist beispielsweise besser aufgestellt.“

Die Läufer, Springer und Werfer erlebten in China mit nur einem Bronze-Gewinn ein Debakel, gewannen aber bei der Weltmeisterschaft 2011 sieben Medaillen. In London sind nun Robert Harting (Diskus), David Storl (Kugel), Matthias de Zordo (Speer) oder Betty Heidler (Hammer) sogar Anwärter auf den Olympiasieg.

Große Ziele haben auch andere deutsche Sport-Asse. Im Modernen Fünfkampf möchte Lena Schöneborn wieder vorne mitmischen, auf Ole Bischof und Andreas Tölzer ruhen die Hoffnungen im Judo. Im Gewichtheben möchte Peking-Sieger Matthias Steiner wieder etwas stemmen und im Fechten Peter Joppich oder Britta Heidemann die großen Treffer landen. Nur drei von zwölf Mannschaften haben sich für London qualifiziert - doch beide Hockey-Teams könnten vorne mitspielen.

Die Ruderer, 2008 in Peking erstmals seit 52 Jahren ohne Olympiasieg, wollen nicht nur im Achter vorneweg fahren. „Ich möchte in London viermal unsere Nationalhymne hören“, erklärte Verbandspräsident Siegfried Kaidel. Kanu-Kollege Thomas Konietzko will noch mehr: „Wir wollen mindestens neun Medaillen.“

Die Schwimmer peilen ein Dutzend Plaketten an und würden damit die Zahl ihrer Podestplätze im Vergleich zu Peking verdoppeln. Leistungssportdirektor Lutz Buschkow nannte dieses Ziel jedoch „sehr ambitioniert und hochkarätig“. Neben Britta Steffen und Paul Biedermann gilt vor allem Langstreckler Thomas Lurz als Gold-Kandidat.

Hochrechnungen auf Basis der Ergebnisse der letzten Welt- und Europameisterschaften schüren die Hoffnungen, dass die London-Mannschaft sogar 50 Medaillen gewinnen könnte. „Maßstab ist, was wir in Peking erreicht haben“, sagte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper.

Der Konkurrenzkampf ist größer geworden und Platz fünf in der Medaillenwertung nicht leicht zu verteidigen. Um den Spitzenrang werden China - in Peking mit 100 Medaillen, darunter 51 goldenen, Nummer eins - und die USA (110/36) kämpfen.

Gastgeber Großbritannien will Russland vom dritten Platz verdrängen. Australien, Japan und Südkorea sind Deutschlands härteste Rivalen im Kampf um Rang fünf. „Als Realist weiß ich, dass uns vorgehalten wird, welchen Platz wir in dieser nichtexistenten Medaillenwertung einnehmen“, sagte Vesper. „Wir sind aber guten Mutes, dass es fröhliche und erfolgreiche Spiele werden.“