Kanuten vor „knallhartem Konkurrenzkampf“ um Olympia
Waltham Cross (dpa) - Bei der WM-Abschlussparty vor den Toren Londons ließen es die deutschen Slalom-Kanuten mächtig krachen - nach einer langen Nacht rückte aber sofort das anstehende Olympia-Jahr in den Mittelpunkt.
„Man kann davon ausgehen, dass für die meisten schon jetzt die Vorbereitung auf die nationale Qualifikation im Frühjahr beginnt, dass gleich ein neuer Fokus da ist“, sagte Bundestrainer Michael Trummer nach den erfolgreichsten Titelkämpfen seit 2005.
In nur vier Ausscheidungsrennen wird sich im Frühjahr selbst für Weltmeister wie Franz Anton und Jan Benzien entscheiden, ob sie beim Olympia-Highlight kommendes Jahr in Rio dabei sind oder zuschauen müssen. Dass in den vier olympischen Disziplinen jeweils nur ein einziges Boot bei den Sommerspielen in Brasilien starten darf, macht die Sache selbst für die Besten zu einer ganz heiklen Mission. Denn in allen Klassen verfügt der Deutsche Kanu-Verband über mehrere Stangen-Paddler, die sich in der Weltspitze etabliert haben.
„Diese Ausscheidung ist psychisch gesehen härter als ein WM-Finale“, konstatierte Benzien, der bei den Weltmeisterschaften mit seinem Leipziger Teampartner Franz Anton Gold im Canadier-Zweier gewonnen hatte. „Bei den Olympischen Spielen müssen wir viele unserer besten Athleten zu Hause lassen, die eigentlich auch Medaillenchancen hätten“, bilanzierte Trummer. Diese Regelung des Kanu-Weltverbandes ICF sei „ganz klar ein Dilemma in unserer Sportart“, kritisierte er. Auch Verbandschef Thomas Konietzko erkannte die Problematik: „Das Schlimme ist, dass sich nur einer der Weltbesten qualifiziert.“ Er sagte einen „knallharten Konkurrenzkampf“ voraus.
Benzien und Anton werden nach ihrer WM-Goldplakette immerhin mit einem kleinen Punktebonus in die Rennen in Augsburg (23./24. April) und Markkleeberg (30. April/1. Mai) starten. Dasselbe gilt in Ricarda Funk (Kajak-Einer/Silber) und Melanie Pfeifer (K1/Bronze) auch für die anderen Medaillengewinner der Titelkämpfe auf der Olympia-Strecke von 2012 in Waltham Cross. „Das ist für uns erst mal beruhigend, die anderen haben jetzt richtig den Druck!“, urteilte Benzien.
Der ungeheure Konkurrenzkampf sorgt mit Blick aufs Frühjahr aber auch teamintern für problematische Situationen. „Man hat bei einigen Leuten schon rausgehört, dass die nicht so happy waren, dass wir jetzt den WM-Titel gewonnen haben - obwohl wir befreundet sind und ein Bier mit denen trinken. Es ist schon hart“, konstatierte Benzien.
Der 33-Jährige war bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking am Start, 2004 und 2012 aber scheiterte er jeweils in der Qualifikation. In Rio will er unbedingt noch einmal das spezielle Olympia-Feeling genießen. „Mental haben wir jetzt bestimmt mehr Kraft als die anderen. Motiviert sind wir bis in die Haarspitzen“, sagte er.