Olympia-Eröffnung weckt kaum Emotionen - Bach-Botschaft
Sotschi (dpa) - Für Skispringer Severin Freund war die Eröffnungsfeier der XXII. Olympischen Winterspiele einfach „okay“, Fahnenträgerin Maria Höfl-Riesch empfand die Zeremonie als „ein Wahnsinnserlebnis“.
Die Reaktionen der Sportler auf die Feier vor 40 000 Zuschauern im Fischt-Stadion fielen am Freitag recht unterschiedlich aus. Während die gut zweieinhalbstündige Show für Höfl-Riesch „von den Emotionen her unbeschreiblich war“, fand Freund „London irgendwie offener“. Zum Auftakt des ersten Weltfests des Wintersports in Russland wollte der Funke am Ufer des Schwarzen Meers nicht bei allen überspringen.
Um 22.26 Uhr Ortszeit hatte der russische Staatspräsident Wladimir Putin mit der offiziellen Eröffnung das Startsignal für die Spiele gegeben. 27 Minuten später entzündeten die dreimalige Paarlauf-Olympiasiegerin Irina Rodnina und der legendäre Eishockey-Torwart Wladislaw Tretjak am Ende des Rekord-Fackellaufs über 65 000 Kilometer gemeinsam das olympische Feuer. Putin meinte hinterher, die Sportler seien das Wichtigste: „Für sie machen wir das alles.“
Thomas Bach wartete bei seiner ersten Olympia-Eröffnung als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees mit einer mutigen Botschaft auf. Der oberste Olympier verurteilte Diskriminierung jeglicher Art und forderte die Politiker auf, ihre „Meinungsunterschiede in einem friedlichen, direkten Dialog zu adressieren und nicht auf dem Rücken dieser Athleten“.
Bach habe in seinen Worten „die aktuellen Diskussionen nochmal auf den Punkt gebracht und zugleich die Athleten eindrucksvoll in den Mittelpunkt gestellt“, urteilte Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Den Sportlern rief Bach zu: „Respektiert die Regeln, kämpft fair, seid sauber und habt Respekt vor euren Gegnern.“
In der Eröffnungszeremonie vor einem geschätzten Milliardenpublikum wollte sich Russland unter dem Motto „Dreams of Russia“ der Welt als herzlicher Gastgeber präsentieren, doch echte Stimmung wollte nicht aufkommen. Auch der vom Stadiondach rieselnde echte Schnee sorgte eher für unterkühlte Atmosphäre auf den Rängen. Der deutsche Chef de Mission, Michael Vesper, fand dagegen: „Das war ein lockerer und unterhaltsamer Streifzug durch die russische Geschichte, gewürzt mit selbstironischen Elementen.“
An dem 16-tägigen Spektakel auf Eis und Schnee in der Küstenstadt und der rund 50 Kilometer entfernten Bergregion um Krasnaja Poljana im Kaukasus nehmen rund 2900 Sportler teil, die von 87 teilnehmenden NOK's entsandt wurden. Mit der Eröffnungsfeier erlebten die mit 37,5 Milliarden Euro teuersten und von massiven Sicherheitsmaßnahmen begleiteten Spiele in der frühlingshaft anmutenden Stadt einen friedlichen Auftakt. Insgesamt sind zur Gewährleistung der Sicherheit bei Olympia zu Lande, zu Wasser und in der Luft mehr als 40 000 Kräfte im Einsatz.
Nach der Show in dem nur für Eröffnungs- und Schlussfeier genutzten Stadion gehören die olympischen Arenen bis zum 23. Februar den Athleten, die in 98 Wettbewerben um Gold, Silber und Bronze kämpfen. Als erste Sportler wetteifern am Samstag (09.45 Uhr MEZ) die Snowboarder im Slopestyle-Wettbewerb der Herren um Edelmetall. Die deutschen Hoffnungen tragen am ersten Wettkampftag vor allem die Biathleten beim Sprintrennen über 10 Kilometer.
Als 21. Mannschaft zog das von Ski-Doppelolympiasiegerin Höfl-Riesch angeführte deutsche Team ein, das in Sotschi seine Position unter den Top 3 der Wintersport-Nationen behaupten will. Die rund 100 farbenfroh im 70er Jahre-Look gekleideten Sportler und Funktionäre wurden wie viele Mannschaften eher verhalten begrüßt. Nur das von Bobpilot Alexander Subkow ins Stadion geleitete russische Team wurde beim Einmarsch der Nationen frenetisch gefeiert.
Danach boten rund 9000 Darsteller eine Zeitreise durch die russische Geschichte, die allerdings nicht frei von Längen war. Die vom künstlerischen Leiter Alexander Ernst mit großem Aufwand inszenierte Show wurde von klassischer Musik und Balletteinlagen begleitet und spannte den Bogen von der Epoche unter Zar Peter dem Großen über die Novemberrevolution 1917 bis in die Moderne. Operndiva Anna Netrebko sang die olympische Hymne, zuvor hatten Kosmonauten die russische Fahne gehisst. Im Rahmenprogramm der Eröffnungsfeier trat unter anderem das ehemalige Pop-Duo Tatu auf, dessen lesbische Symbolik nicht nur in Russland für viel Wirbel gesorgt hatte.
Regisseur Ernst zog hinterher ein gemischtes Fazit: „Ein Autor ist nie zufrieden mit dem, was er will. Er will immer noch mehr.“ Es sei vielmehr geplant gewesen. Die Panne kurz nach Beginn der Feier war für ihn eher unbedeutend. „Es hat niemanden beleidigt“, sagte Ernst. Eine riesige künstliche Schneeflocke war nicht wie geplant zu einem der fünf olympischen Ringe aufgegangen. Somit waren in der Arena nur vier Ringe zu sehen.