Turn-Spezialisten erhalten mehr Olympia-Plätze

Sofia (dpa) - Erneut steht das Weltcup-System der Turner auf dem Prüfstand. Das Council des Weltverbandes FIG hat auf seiner Sitzung in Kuwait den Antrag abgelehnt, über die Weltcupserie der Mehrkämpfer Startplätze für die Olympischen Spiele ab 2020 zu vergeben.

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„Das ist ein Wermutstropfen für uns, denn wir hatten uns davon eine Aufwertung des Serie versprochen“, erklärte Wolfgang Willam, der Sportdirektor des Deutschen Turner-Bundes (DTB), der in der FIG auch für die Entwicklung der Weltcup-Serie zuständig ist.

Damit steht schon in diesem Jahr das Profil des DTB-Pokals in Stuttgart in Frage. Bis zum 30. Juni läuft die Bewerbungsphase für die Veranstalter und es ist laut Willam derzeit nicht absehbar, in welche Richtung sich die Weltcup-Serie der Mehrkämpfer entwickeln könnte. „Ich bin sicher, dass es auch dieses Jahr einen DTB-Pokal geben wird. Aber ob es eine Weltcup-Wertung gibt, entscheiden die Veranstalter. Sie müssen ja das Geld dafür aufbringen, und das ist nicht wenig“, sagte Willam am Rande der Turn-EM in Sofia.

Im Gegensatz zur Abwertung der Mehrkampf-Serie erhalten die Spezialisten künftig mehr Plätze bei Olympischen Spielen. Schon 2016 in Rio de Janeiro gibt es für die jeweils drei Erstplatzierten der WM 2015 in Glasgow ein Ticket für die Spiele. Bisher war das allein den Weltmeistern vorbehalten, die zudem auch noch Leistungsnachweise an zwei (Männer) beziehungsweise einem weiteren Gerät (Frauen) erbringen musste. Diese Einschränkungen für die Geräte-Könner wurden nun abgeschafft.

Mit Blick auf die Spiele 2020 in Tokio erfährt die Öffnung für die Spezialisten noch breiteren Raum. Dann dürfen auch alle Gerätesieger der Challenge-Cup-Serie (6 Männer/4 Frauen) ein Olympia-Ticket beanspruchen. „Das ist ganz klar eine Liberalisierung im Sinne der Spezialisten und wertet den deutschen Standort Cottbus als traditionellen Ausrichter des Challenge Cups auf“, sagte Wolfgang Willam. Er verweist aber auch darauf, dass Asien oder Amerika künftig ihre Bemühungen verstärken werden, ein Challenge-Turnier ausrichten. In dieser Serie wird kein Mehrkampf ausgetragen, dafür werden Sieger an allen Geräten ermittelt.

Für die Allrounder bleibt künftig nur die Möglichkeit, sich über die kontinentalen Meisterschaften in Europa, Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien insgesamt neun zusätzliche Olympia-Startplätze zu sichern. „Damit werden künftig also auch Europameisterschaften in den Olympia-Jahren größere Bedeutung erhalten“, kommentierte Willam. Den insgesamt wachsenden Stellenwert der Einzelkönner bewertet der DTB-Sportdirektor eher neutral. „Der DTB hat seine Fokussierung immer auf den Team-Wettbewerb gelegt. Daher haben wir uns dem Druck der kleineren Verbände nicht zur Wehr gesetzt.“ Der größte Teil der 98 Olympia-Plätze - nämlich 60 (12 Teams mit fünf Sportlern) - wird nach wie vor über den Mannschaftswettbewerb vergeben.

Eine zweite Olympia-Qualifikation der Turner wie zuletzt 2012 in London wird es ab 2020 nicht mehr geben, alle zwölf Team-Plätze bei Männern und Frauen werden dann schon bei der WM 2019 vergeben. Inklusive der Plätze für die WM-Medaillen-Gewinner an den Geräten (18 Männer bzw. 12 Frauen) - sollte die Mannschaft der Erstplatzierten bereits qualifiziert sein, bekommen die Nachrücker bis Platz acht das Olympia-Ticket - sind also nach den Welttitelkämpfen 2019 bereits die Tokio-Fahrkarten für 78 Turner und 72 Turnerinnen fest vergeben.