Letzte Chance für Sylvester: Aufstieg oder Abschied

Neubrandenburg (dpa) - Profi-Boxer Sebastian Sylvester steht am Scheideweg seiner Karriere. Der 31 Jahre alte Greifswalder will und muss am Samstagabend in Neubrandenburg zum dritten Mal Europameister werden.

Bei einer Niederlage wäre die große Karriere vorbei.

Profi-Boxer Sebastian Sylvester passt nicht in das Klischee seiner Berufskollegen. Der ehemalige Weltmeister, der zum dritten Mal Europameister werden will, kauft lieber von der Stange statt beim Edeldesigner. Sylvester hat auch keinen Learjet wie sein Stallgefährte Arthur Abraham. Der Greifswalder tourt stattdessen lieber mit dem Ost-Moped Marke „Schwalbe“ durch das heimische Dersekow. „Ich möchte mein hart verdientes Geld nicht zum Fenster rausschmeißen. Es gibt viele Beispiele von Millionären, obwohl ich keiner bin, die alles hatten und dann wieder alles verloren haben“, sagte der bodenständige Boxer aus dem Osten Vorpommerns.

Da fühlt Sylvester Heimat, da hat er seine Familie und auch seine Fangemeinde. Die ist mit den Jahren immer größer geworden und füllt jedes Mal das Neubrandenburger Sportforum, wo der Mittelgewichtler „in seinem Wohnzimmer“ zu boxerischen Großtaten schreitet. Das soll auch Samstagabend so sein, wenn der 31 Jahre alte Sauerland-Profi zum dritten Mal nach dem Europameistertitel im Mittelgewicht greift. „Meine Fans werden auch dieses Mal wie eine Wand hinter mir stehen“, sagte Sylvester vor dem Kampf um den vakanten Titel gegen den Polen Gregorz Proksa überzeugt.

Die Kulisse brodelte auch Anfang Mai beim letzten Auftritt Sylvesters an gleicher Stelle. Geholfen hat es aber nichts. Der Schützling von Trainer Karsten Röwer musste seinen IBF-WM-Gürtel nach einer Punktniederlage dem Australier Daniel Geale überlassen. Die vierte Pleite Sylvesters in 39 Profikämpfen. Eine gravierende dazu. „Noch eine Niederlage kann ich mir auf keinen Fall leisten“, weiß der kantige 72-Kilo-Mann. Der EM-Gürtel muss also wieder in den Familienbesitz.

Dafür hat Sebastian Sylvester geschuftet wie immer in seiner erfolgreichen Karriere, die ihm nur wenige zugetraut hatten. Und einiges verändert. Die Vorbereitung auf der Insel Usedom habe neue Reize gesetzt und neue Kraft gegeben, meint Trainer Röwer. „Ich denke, Sebastian gewinnt den Kampf vorzeitig. Er ist jedes Mal zurückgekommen. Und ich denke, er wird es auch dieses Mal schaffen“, sagte Röwer, der an seinem 49. Geburtstag in Sylvesters Ringecke stehen wird.

Proksa will Röwer, der aus dem benachbarten Altentreptow stammt, diesen Ehrentag versalzen. „Sylvester ist in den letzten Kämpfen nicht besser geworden. Es wird nichts geben, mit dem er mich überraschen kann“, tönte der 29 Jahre alte Pole, der seine 25 Profikämpfe alle gewonnen hat, und kündigte an: „Samstag werde ich meine Karriere krönen.“

Im Jahnsportforum steht auch ein WM-Kampf auf dem Programm. In einem stallinternen Sauerland-Fight verteidigt der Amerikaner Steve Cunningham seinen IBF-WM-Titel im Cruisergewicht gegen den Exil-Kubaner Yoan Pablo Hernandez.