Düsseldorfer EG Kreutzer: 99 Prozent sind zu wenig
Trainer Kreutzer hat bei der DEG eine mentale Schwächephase ausgemacht.
Düseldorf. Es war ein geschichtsträchtiges Wochenende für den deutschen Sport — und die Düsseldorfer EG war, wenn auch nicht dabei, so doch mittendrin. Zunächst gewann Angelique Kerber als erste Deutsche seit Steffi Graf 1994 den Tennis-Einzeltitel bei den Australian Open, dann wurden die deutschen Handballer sensationell Europameister. „Das Tennis-Finale haben wir alle zusammen geschaut, denn unser Medizinmann Ulf Blecker ist ja auch einer der Ärzte von Angelique Kerber“, sagte DEG-Verteidiger Bernhard Ebner und meinte zum Handball einfach nur: „Überragend.“
Ebner freute sich sichtlich für die Erfolge der zwei Sportarten, wirkte aber fast schon ein wenig neidisch, als ihn die WZ am Sonntag in Hamburg nach dem Spiel traf. „In Deutschland dreht sich ja alles nur um Fußball. Es wäre schön, wenn sich jetzt ein paar Kinder auch bei Handball-Vereinen anmelden würden. Leider werden wir so einen Effekt mit unserem Eishockey-Nationalteam wohl nicht erreichen. Die NHL sowie die Ligen in Russland, Finnland und Schweden sind einfach viel zu stark, dass wir bei einem großen Turnier für eine Sensation sorgen können. Mit dem Halbfinaleinzug bei der Heim-WM 2010 waren wir mal nah dran. Plötzlich hatte ich mit Menschen über Eishockey gesprochen, mit denen ich sonst nur über die Benzinpreise rede“, sagte Ebner.
Geredet werden musste in Hamburg aber auch über die DEG. Seit dem grandiosen 7:2 bei den Eisbären Berlin am 22. Januar konnte das Team von Trainer Christof Kreutzer in den darauf folgenden drei Spielen nur noch einen Punkt holen. Drei Niederlagen am Stück hatte es in dieser Saison zuvor erst ein einziges mal gegeben. Vom 27. September bis zum 4. Oktober gingen die Rot-Gelben nach Pleiten in Straubing (1:2), in Nürnberg (0:3) und gegen Augsburg (2:4) sogar gänzlich leer aus.
„Momentan verlieren wir, weil wir es nicht schaffen, unsere Leistung komplett über 60 Minuten abzurufen“, sagte Bernhard Ebner. Ist dies eine Frage der Kraft? Immerhin stecken den Akteuren bislang bereits 42 Meisterschaftsspiele, sechs Champions-League-Duelle und vier Test-Partien in den Knochen (siehe zur CHL auch den Kasten). „Nein, die Müdigkeit ist nicht physischer Natur“, sagte Trainer Christof Kreutzer. Durch eben diese Begründung hätte es sich der 48-Jährige im Gespräch mit der WZ einfach machen können. Doch Kreutzer ist nicht nur eine ehrliche Haut, er will seinen Spielern auch kein Alibi anbieten und deshalb erklärte er geradeheraus: „Unsere derzeitige Schwächephase ist mental bedingt.“
War dies bei den Niederlagen gegen die Spitzenteams aus Berlin (3:4 in der Verlängerung) und Nürnberg (1:2) noch nicht so augenfällig, weil das Team durch seinen Einsatz gefiel, so bot das 2:4 beim Tabellen-Zwölften Hamburg Freezers am Sonntag den Ansatz zu deutlich mehr Kritik. „Wir haben nicht mehr ganz so viel investiert wie zuvor. Damit sind wir hohes Risiko gegangen. Torwart Felix Bick musste uns einige Male überhaupt im Spiel halten“, sagte Kreutzer.
Der Trainer lobte seinen zweiten Torhüter und sprach ihn beim 0:2 von einem Fehler frei, da der Puck bei Oppenheimers Schuss abgefälscht gewesen sei. Auch wollte Kreutzer nicht unerwähnt lassen, dass es in der Verteidigung momentan natürlich Personalprobleme gibt. Diese hatten sich in Hamburg sogar noch einmal verschärft. Neben den verletzt fehlenden Tim Schüle und Stephan Daschner musste während des Spiels an der Alster auch noch der Finne Joonas Rönnberg angeschlagen passen. In Marcel Brandt und Manuel Strodel rückten zwei Angreifer in die Abwehr.
Doch selbst das wollte Kreutzer unter dem Strich nicht als Entschuldigung gelten lassen. „Wir haben zu oft die Scheibe leichtfertig und unkonzentriert verschenkt. Das geht nicht. Nur weil wir Zweiter oder Dritter sind, dürfen wir nicht meinen, dass wir deshalb von alleine gewinnen“, sagte der DEG-Trainer und schrieb der Mannschaft nicht nur für das brisante West-Derby gegen Iserlohn am Freitag (19.30 Uhr, Rather Dome) ins Stammbuch: „Wir dürfen und können in dieser engen Liga in keinem einzigen Spiel locker lassen. Auch 99 Prozent sind zu wenig.“